Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 179

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Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht gewünscht.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


17.52.20

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde zum Gaswirtschaftsgesetz Stellung nehmen, das aus unserer Sicht durchaus einiges Positive beinhaltet, wie zum Beispiel eine Stärkung der Verbraucherinnen und der Verbraucher, der Haushalte, auch der Gewerbebetriebe. Es bringt Erleichterungen beim Lieferantenwechsel und durchaus auch eine stärkere Trennung, das sogenannte Unbundling, zwischen Netzbetreibern und Gasversorgungsunternehmern.

Aber dieser Stärkung auf der einen Seite – und da komme ich schon zum wesentlichen Punkt – steht eigentlich ein ganz wesentlicher Angriff auf das Eigentum von Grund­stücksbesitzern gegenüber, nämlich dass für neue Gasinfrastruktur Grundstückseigen­tümer auch enteignet werden können, wenn diese Gasinfrastruktur im öffentlichen Interesse ist.

Jetzt frage ich mich schon, wenn ich auch den Inseraten der Bundesregierung glauben darf, dass wir „energieautark“ – sage ich unter Anführungszeichen – werden wollen: Wieso steht dann zusätzliche Gasinfrastruktur im öffentlichen Interesse? Das würde ich Sie bitten, mir zu erklären. Und wenn schon Gasinfrastruktur, warum finden wir in diesem Gesetz dann keinen prioritären Zugang für Biogas, wie das zum Beispiel in Deutschland der Fall ist? In Österreich ist es nach wie vor so, dass im Zweifel fossiles Gas Priorität haben wird. Das geht irgendwie nicht wirklich zusammen.

In Österreich geben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 2 Milliarden € für Gasim­porte im Jahr aus, diese gehen vorwiegend nach Russland. Ich denke, warum kann man Gas nicht einfach auch ersetzen? Es ist mir schon klar, dass wir Gas vor allem für industrielle Anwendungen auch noch als Übergangstechnologie brauchen werden. Aber warum, wenn das eine Übergangstechnologie ist, besteht öffentliches Interesse für zusätzliche Leitungen? Warum gibt es nicht gezielte Substitution von Gaseinsatz in Haushalten, bei der Wärmeerzeugung, bei der Stromerzeugung? Warum nicht diese 2 Milliarden € reduzieren? Warum nicht Gas substituieren? Und warum, wenn schon Gaseinsatz, kein prioritärer Einsatz von Biogas? Das ist absolut unverständlich. Wir können diesem Gesetz so nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Was aber ganz besonders krass ist in diesem Gesetz, ist dieser sogenannte Enteig­nungsparagraph. Nicht nur, wie gesagt, dass ich nicht verstehe, dass zusätzliche Gasinfrastruktur im öffentlichen Interesse ist und dass trotz unserer katastrophalen Klimabilanz Grundstückseigentümer deswegen enteignet werden können, sondern das ist insbesondere auch demokratiepolitisch bedenklich, weil im Wesentlichen das öffentliche Interesse daraus resultiert, dass Gasinfrastruktur im langfristigen Netzplan der Netzunternehmen drinnen ist. Das wird von den Regelzonenführern in der Regel gemacht. Da stellen sich die Gasunternehmen quasi selbst aus, dass das im öffent­lichen Interesse ist. Das finde ich ziemlich bedenklich.

Daran ändert auch der Abänderungsantrag nicht sehr viel, wonach die Regulierungs­behörde das noch bestätigen soll, weil es so formuliert ist, dass das, wenn dies eben im Plan drinnen ist, die Regulierungsbehörde zu bestätigen hat. Ich finde das demo­kratiepolitisch äußerst bedenklich. Wie gesagt, zusätzliche Gasinfrastruktur kann nicht im öffentlichen Interesse sein. Und wenn sich die Unternehmen das dann noch selbst ausstellen und Grundstückseigentümer enteignet werden können, dann kann das keinesfalls zeitgemäß sein. (Beifall bei den Grünen.)

 


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