Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 46

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10.30.03

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! In der Aktuellen Stunde haben wir alle uns darauf verständigt, alles zu tun, was dem Schutz der Kinder dient. Und so wie wir alles tun wollen, was dem Schutz der Kinder dient, so geht es jetzt auch darum, alles zu tun, um die besten Chancen für die Jugend in Europa zu erreichen. Wir sind der Meinung, der Schlüssel für gute Chancen, der Schlüssel für die Zukunft der Jugend in Europa liegt in der Beschäftigungspolitik, liegt in der Frage, ob es ein ordentliches Angebot an Be­schäftigung für die jungen Menschen in Europa gibt. – Das ist leider nicht der Fall.

Die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union ist dramatisch: Sie beträgt im Schnitt der Europäischen Union um die 20 Prozent und sie ist in allen Ländern doppelt so hoch wie die normale Arbeitslosenquote. Die Tendenz ist leider stark steigend. In ei­nigen Ländern hat die Jugendarbeitslosigkeit 40 bis 50 Prozent erreicht: 43 Prozent in Griechenland, 46 Prozent in Spanien.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Entwicklung ist dra­matisch, denn das bedeutet, dass einer ganzen Generation die Zukunftsperspektive geraubt wird, und sie bringt auch jede Menge sozialen Sprengstoff. Was passieren kann, wenn Jugendarbeitslosigkeit, Perspektivenlosigkeit, Einschnitte bei Sozialleistun­gen und andere Maßnahmen dieser Art zusammenkommen, das kann man in Großbri­tannien oder anderen europäischen Ländern beobachten.

Mit einer vergleichsweise niedrigen Jugendarbeitslosigkeit von 8 Prozent und einer sehr effektiven Lehrlingsausbildung ist Österreich für viele andere Staaten in der Euro­päischen Union ein Vorbild für Beschäftigungspolitik im Jugendbereich. Jugendbe­schäftigung ist der Bundesregierung und unserem Sozialminister ein wirkliches Anlie­gen, und ich glaube, die Zahlen und die Tatsache, dass wir Europameister bei der Ju­gendbeschäftigung sind, sprechen für sich.

Es ist eine gute Politik, die wir hier für die Beschäftigung von jungen Menschen ma­chen, und ich glaube, gerade wenn wir heute über die europäische Situation der Ju­gendbeschäftigung diskutieren, dann können wir auch stolz darauf sein, wie in Öster­reich Jugendbeschäftigung gehandhabt wird und dass wir hier ein sehr hohes Beschäf­tigungsniveau haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zur hohen Arbeitslosenrate auf europäischer Ebene kommt dazu, dass am Beginn der Karriere von jungen Menschen sozusagen ein Eldorado des Prekariats stattfindet. Aus­beutung durch unbezahlte Praktika, Niedriglöhne und alle Arten von Umgehungsverträ­gen sind für junge Menschen an der Tagesordnung, und das unabhängig von der Qua­lifikation. Das trifft nicht nur jene, die über schlechte Qualifikation verfügen oder die Schule abgebrochen haben. In Europa sind durchschnittlich vier von zehn Jobs für jun­ge Menschen befristete Dienstverhältnisse.

Wie dramatisch die Situation trotz niedriger Arbeitslosigkeit sein kann, sieht man bei­spielsweise in Deutschland, wo durch eine massive Sparpolitik, durch die Aufhebung fast aller Zumutbarkeitsbestimmungen und durch jahrelange Niedriglohnpolitik immer weniger junge Menschen von ihrem Einkommen leben können. (Abg. Kickl: Da fragt man sich,  die Gewerkschaft!) Damit ist klar, dass man sich keine Zukunft aufbauen kann, dass man keine Investitionen in die Zukunft vornehmen kann. Jugendliche bluten in der Krise am meisten, sie sind am stärksten betroffen, weil es bei den Jugendlichen den stärksten Arbeitslosenanstieg in Europa gibt, verglichen mit anderen Gruppen.

Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es darum, sofort und substanziell in Arbeitsmarktprojekte für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer zu investieren. Es geht nicht darum – und wir dürfen das nicht zulassen –, dass mit Sparprogrammen die Rahmenbedingungen gesetzt werden, wo in Wirklichkeit die Zukunft junger Menschen totgespart wird. Wir brauchen Konjunkturpakete, wir brau-


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