Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 58

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Armut für viele, die jetzt an der Armutsgrenze leben! – Wenn Sie da nicht hinschauen und nicht hingreifen wollen, dann werden Sie halt scheitern. Aber dann brauchen Sie nicht wieder im Wahlkampf damit daherzukommen, dass Sie – so wie schon das ganze Jahr 2010 und heuer noch ein bisschen nachgeblinkt – etwas in Sachen Gerechtigkeit weiterbringen wollen.

Das ist mehr als eine Nagelprobe, da kommt es jetzt auf etwas an. Faymann hat beim EU-Rat halt zugestimmt für so etwas Ähnliches wie eine Schuldenbremse. Soll sein! Die Formulierung dort ist gar nicht so schlecht. Da geht es um strukturell geordnete Haushalte. Die müssen auch vom Defizit runter, das ist genau unsere Meinung. Die Frage ist nur, wie. Es gibt Sparmaßnahmen – die haben wir gestern aufgezählt, die werden wir heute und morgen weiter aufzählen –, aber es gibt auch – das geht auch an die ÖVP – die Einnahmenseite: dort, wo die größte Lücke ist in Österreich, die Gerech­tig­keitslücke. Die muss geschlossen werden!

Entweder Sie machen das, oder Sie bekommen hier keine Zweidrittelmehrheit! Dann können Sie sich in Brüssel wieder unter den Tisch setzen. (Beifall bei den Grünen.)

10.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort. – Bitte.

 


10.47.50

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich werde zuerst mit einer Legendenbildung aufräumen und dann mit ein paar eher grotesken Thesen meines Vorredners, des Kollegen Kogler.

Zuerst zur Legendenbildung, die von manchen ja strategisch und ganz bewusst, von manchen gedankenlos betrieben wird. Es geht um die These: Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt, und das ist die Ursache für die Krise. – Ganz besonders aufge­fallen ist mir am 28. Mai im „Standard“ eine Aussage von Klubobmann Kopf, der überhaupt gemeint hat, schuld seien nicht die Spekulanten, sondern wir alle, weil wir über unsere Verhältnisse gelebt hätten, hätten mit Schuld.

Deshalb die Frage, meine Damen und Herren: Wer ist das jetzt, „wir alle“? Ist das der Polizist? Ist das die Krankenpflegerin? Sind das kleine Gewerbetreibende? Sind es die kleinen Landwirte, die verantwortlich sind für die Krise, weil sie angeblich über ihre Verhältnisse gelebt haben? – Ja kann man das so undifferenziert sagen? – Die Arbeitnehmer, die von Kurzarbeit bedroht sind, sind die verantwortlich? Die Pensionis­tinnen und Pensionisten? Die infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise von Kündigung Betroffenen? – Oder, meine Damen und Herren, sind es verantwortungslose Speku­lanten, in Wahrheit Wirtschaftsverbrecher? Sind es die ungezügelten Finanzmärkte? (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Teilweise ein wirtschaftspolitisches Fehlverhalten von Regierungen oder der Irrweg des Neoliberalismus?

Warum ist diese Legendenbildung, meine Damen und Herren von der ÖVP, Kollege Ikrath, eigentlich so fatal und schädlich? – Weil sie in Wirklichkeit ja die Finanzhaie und die Spekulanten schützt, die in den Penthäusern sitzen, in ihren Privatflugzeugen umherfliegen und nach wie vor mit Milliarden jonglieren. Die lachen sich ja krumm über die nützlichen Idioten in aller Welt, meine Damen und Herren! Diese Schuldumkehr betreiben manche bewusst, manche unbewusst, und natürlich wird dadurch alles an Konsequenzen, die Regelung der Finanzmärkte und letztlich auch die gemeinsame Zielsetzung einer Finanztransaktionssteuer erschwert. Daher der Appell „Mehr Sorg­falt!“ an alle, die das gedankenlos und unbewusst machen, aber auch die Ankündigung


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite