Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll135. Sitzung / Seite 95

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12.20.42

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Ich bin nicht sicher, ob die Frage des Unsinns nicht auf deine Person zu projizieren wäre. (Beifall bei der FPÖ.) Ich erkläre mich vollinhaltlich solidarisch mit den Äußerungen des Kollegen Strache, weil sie vollkommen richtig waren. (Abg. Mag. Donnerbauer: Überraschend!)

Ungeachtet verschiedener Auffassungen zu diesem Gesamtkomplex bin ich der Überzeugung, dass wir heute eine Zwischenstation haben. Wenn wir die Geschichte der Strafrechtspflege bezüglich Gewaltanwendung, sexuellen Missbrauchs und der­gleichen in Bezug auf Kinder betrachten, so kann ich mich noch sehr, sehr gut daran erinnern, wie in meinen Jugendjahren als Rechtsanwaltsanwärter diese Belange achselzuckend hingenommen, geduldet und gebilligt worden sind. Das hat man als einen vielleicht groben Scherz eines lüsternen Erwachsenen betrachtet, und man hat gelächelt und gelacht über die Vorgänge in den Familien. Und es ist natürlich wahr, dass der Hauptbegehungsort die Familien sind.

Aber nur deshalb, weil wir eine große Dunkelziffer haben, können wir doch nicht die strafrechtliche Dimension ignorieren! Wir haben auch bei Mord eine hohe Dunkelziffer – schaffen wir deshalb den Mordparagraphen ab? Oder senken wir ihn auf zehn Jahre? Wir haben in Wien eine geschätzte Aufklärungsquote bei Autodiebstählen und -einbrüchen, die, wenn ich mich recht erinnere, ungefähr 10 bis 12 Prozent ausmacht – stellen wir deshalb für den Bereich Wiens etwa das Delikt des Einbruches in Autos oder des Stehlens von Autos außer Strafe? (Abg. Mag. Steinhauser: Das fordert ja niemand! Das fordert niemand!)

Ich lade daher zu einer sorgfältigen Betrachtung und nicht zu populistischen Beschimpfungen anderer Parteien ein, Herr Kollege! Das wäre der Sache viel angemessener. (Beifall bei der FPÖ.)

Trennen wir den abstrakten Tatbestand – denn nichts anderes zu erzeugen ist der Gesetz­geber in der Lage –, trennen wir diesen Bereich von der Frage der Verfolg­barkeit und der Beweisbarkeit eines Verdachtes! Das sind doch zwei verschiedene Paar Schuhe; das kann man in der dritten Stunde der Vorlesung von Kriminologie und Strafrecht auf der Universität lernen.

Die Substanz des Strafrechtes besteht also zunächst in einer gesellschaftlichen Ächtung des beschriebenen Tatbestandes: Tatbild verwirklicht durch Tathandlungen. Das ist zunächst einmal die primäre Funktion, verbunden mit der Sanktionsebene. Die Sanktionsebene ist natürlich verschieden ausgeprägt – leichtes Delikt bis zu schwerem Delikt –, aber die Höhe der Sanktion ist die klare gesellschaftliche Antwort auf das vorgeworfene Handeln und das vorgeworfene Tun.

Unter dieser Prämisse ist der Fortschritt der heutigen Gesetzesvorlage zu beschreiben. Die Schaffung der neuen Tatbestände, insbesondere Grooming, wissentliches Betrach­ten von pornographischen Darbietungen und vor allem die Ausweitung der Anwen­dungsfälle der extraterritorialen Gerichtsbarkeit, ist besonders wertvoll und ganz besonders wichtig. Jeder weiß, was darunter zu verstehen ist: einerseits Sextourismus, andererseits Verstümmelungsfälle und Zwangsheirat.

Wie gesagt, es ist ein Zwischenschritt, und ich bin fest davon überzeugt, dass dies nicht der Endpunkt ist. Es ist natürlich auch so, dass der Gesetzgeber so gut wie zwingend den technischen und realen Gegebenheiten, die neu erzeugt werden, immer hinterherhinkt – Stichwort Internetkriminalität, das die Frau Bundesminister schon beschrieben hat.

Ein zentraler Punkt ist wichtig. Überwiegend schallt dieser klaren Erkenntnis Ableh­nung aus dem Haus entgegen, aber man kann nicht nach Beliebigkeit Studien heran-


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