Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung / Seite 202

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17.50.13

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Damen und Herren! Zu meinem Vorredner: Das war die Rede, die er schon einmal gehalten hat (Abg. Mag. Musiol: Genau!), er hat nur heute einige anzügliche Bemer­kungen nicht wiederholt, und allein darüber bin ich schon ganz glücklich.

Meine Damen und Herren! Eine Hymne ist laut Brockhaus ein Lob- und Preisgesang. Die Bundeshymne ist ein Staatssymbol und repräsentiert das Selbstverständnis eines Landes. Und wenn eine Hymne Lob- und Preisgesang ist, dann sollte das nicht nur für eine Hälfte der Bevölkerung gelten, sondern für die gesamte Bevölkerung, also auch für die Frauen. Wir können, glaube ich, mit Fug und Recht sagen, dass wir in unserem Land sehr wohl große Söhne, aber auch große Töchter haben. Das ist wohl unbestrit­ten, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

So, wie die Männer in der Vergangenheit und auch heute große Leistungen erbringen, haben das die Frauen in der Vergangenheit getan und tun das heute noch, großartige Leistungen, die ihresgleichen suchen. Österreich kann daher dem Statussymbol, unse­rer Bundeshymne, die Ergänzung mit „Töchter“ wohl nicht verwehren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was prägt denn das Selbstverständnis eines Landes? – Es sind die Menschen dieses Landes, es sind die Männer und Frauen, die das Selbstverständnis prägen, ihre Leistungen, die sie in der Geschichte erbracht ha­ben und heute erbringen, und vor allem auch, wie sie die Herausforderungen zu jeder Zeit und auch Schicksale in schwierigen Zeiten gemeistert haben.

Diese unsere Bundeshymne wurde in schwierigen Zeiten geschrieben, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 22. Oktober 1946 wurde der Hymnentext von Paula Preradović geschrieben und in einer Ministerratssitzung beschlossen. Der Text wurde kurz darauf verändert und neuerlich beschlossen. Das heißt, der Text, den wir heute als historisch und als Originaltext bezeichnen, ist nicht wirklich der Originaltext von Paula Preradović; so weit muss man schon der Wahrheit die Ehre geben.

Im Originaltext von Paula Preradović hieß es zum Beispiel in der ersten Strophe:

„Land der Berge, Land am Strome,

Land der Äcker, Hämmer, Dome,

Arbeitssam und liederreich.

Großer Väter freie Söhne,“

Auch die dritte Strophe, meine Damen und Herren, wurde nicht nur in einem Wort, sondern zeilenmäßig verändert:

„Aber in die neuen Zeiten

Sieh uns festen Glaubens schreiten,

Stolzen Muts und hoffnungsreich.“

Es wurden mehrere Zeilen komplett verändert, also kann man nicht davon reden, dass wir jetzt einen „Originaltext“ vorliegen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sprache prägt Bewusstsein. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dem so ist. (Demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Muttonen.) Mit der Veränderung des Textes unserer Bundeshymne, mit der auch den „großen Töchtern“ der gebührende Platz eingeräumt wird, wodurch sich auch die Mehrheit der Bevölkerung angesprochen fühlt, müssen und sollen und werden wir dem auch Rech­nung tragen.

Es ist das für mich aber nicht nur eine sprachliche Textanpassung, meine geschätzten Damen und Herren, nein, sondern das ist für mich vor allem auch Ausdruck der Ände­rung der Bewusstseinshaltung, der Wertschätzung der Leistungen der Frauen in unse­rem Lande. Daher ersuche ich Sie eindringlich, geschätzte Damen und Herren hier im


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