Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll141. Sitzung / Seite 87

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(Abg. Petzner: Jetzt haben Sie es genau bestätigt, worum es Ihnen mit dem Ethikun­terricht geht! Danke!) – Ich möchte meine Ausführungen fortsetzen.

Herr Präsident Neugebauer, ich muss Ihnen in einem Punkt widersprechen, denn Sie haben den Ethikunterricht und den Religionsunterricht in den Fragen der Übermittlung von Weltanschauungen, des Erlernens von Kompetenzen, um sich mit all den Fragen, die damit in Zusammenhang stehen, auseinandersetzen zu können, einander gleichge­setzt, gleichgestellt. Da muss ich ganz klar widersprechen. Das ist sozusagen wieder einmal ein recht – ich nenne es gut österreichisch – schlampiger Umgang mit der Tren­nung von Kirche und Staat. Ich sage, wir sagen, jedes Kind in Österreich hat das Recht auch in den Bildungseinrichtungen, und nicht nur zuhause – ich gehe ja davon aus, dass diese Werteerziehung, Grundhaltungserziehung, demokratische Erziehung auch zuhause stattfindet –, auch in den Schulen ein Fach zu haben, in dem es sich mit die­sen Dingen auseinandersetzen kann und in dem es auch – ich benenne es jetzt einmal ganz flapsig – Tools erlernt, wie man sich mit verschiedenen gesellschaftspolitischen und ethischen Fragen auseinandersetzen kann.

Das hat aber noch nichts mit Religionsunterricht zu tun. Religionsunterricht hat ein ganz anderes Ziel, nämlich die Inhalte einer bestimmten Religion zu vermitteln. Wenn wir die Trennung von Kirche und Staat ernst nehmen und die Vermengung nicht so schlampig weiterführen wollen, wie wir das in den letzten Jahrzehnten getan haben, dann braucht es klarerweise einen staatlichen Ethik- und Religionenunterricht für jedes Kind, und der Religionsunterricht steht auf einem komplett anderen Blatt. (Beifall bei den Grü­nen.)

Und die Schlampigkeit gehört auch in vielen anderen Bereichen beseitigt. Das gilt für die Kreuze in den Kindergärten, das gilt für die Erhaltung der Denkmäler, eine Diskus­sion, die wir in den Weihnachtsferien hatten, und für viele andere Fragen. Die Republik Österreich, der österreichische Gesetzgeber täte gut daran, diese Diskussionen aufzu­greifen, ehrlich zu führen und nicht permanent schlampig-verschwommen vor sich hin­zuwursteln. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungs­punkt: Frau Abgeordnete Mag. Korun. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.22.58

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Wenn Herr Abgeordneter Petzner sagt, wir wollen keine multiethnische und keine multireligiöse ... Entschuldigung! ... keine multikulturelle und keine multiethnische Ge­sellschaft, und wenn er das ausgerechnet im Nationalrat der Republik Österreich sagt, nämlich jenes Österreichs von Vranitzkys, Buseks, Klestils, Pospisils, Havraneks und wie unsere Bürger und Bürgerinnen sonst so heißen, dann ist das schlicht Realitäts­verweigerung. (Abg. Petzner: Aber nicht Korun! – Abg. Dr. Walser: Nehmen Sie das sofort zurück! Sie sprechen von einer Abgeordneten des österreichischen Parlaments!)

Sie können natürlich sagen, was Sie wollen, aber dann sagen Sie, Sie wollen etwas nicht, was es seit Jahrzehnten und seit Jahrhunderten gibt. Unsere Gesellschaft ist ei­ne multiethnische, ist eine multireligiöse, ist eine offene und pluralistische Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Und genau aus diesem Grund, weil wir eine pluralistische Gesellschaft sind, in der es viele unterschiedliche Lebensentwürfe gibt, unterschiedliche Lebensstile gibt, viele Men­schen unterschiedlicher Glaubensrichtungen gibt und auch viele Menschen ohne Reli­gionsbekenntnis, ist es notwendig, einen Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schü-


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