Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 56

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Regierungsmitglieder erfolgt ist, gleicht de facto wirklich einem Demokratie-Boykott im 21. Jahrhundert.

Was ist passiert? – Die Eintragung der Passnummer etwa bedeutet, Sie müssen zum Gemeindeamt gehen, um sich auszuweisen. Das hatten wir alles schon einmal! Ich erinnere an das Volksbegehren von Jörg Haider, „Österreich zuerst“. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Was gab es da an Schikanen für die Bürger, wenn sie einige Tage später vom Bürgermeister vielleicht eine Baugenehmigung wollten. Die Bürger wurden schlecht, wurden benachteiligt behandelt. Genau das findet jetzt wieder statt.

Oder denken Sie an die Volksbefragung in Oberösterreich zur Linzer Oper! Auch dort gab es Missstände: Die Bürgermeister, die herrschenden Parteien, haben die direkte Demokratie nicht unterstützt, sondern, ganz im Gegenteil, boykottiert, damit ihre Interessen nicht zu kurz kommen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Denken Sie auch daran, wie viel direkte Demokratie wir in Österreich wirklich haben! In Oberösterreich braucht es 8 Prozent der Bürger, um eine Bürgerbefragung einleiten zu können. Das sind 80 000 Unterschriften. Das schafft doch nur mehr eine große Partei oder ein großer Konzern mit Inseraten – und nicht einmal die schaffen es. Das heißt, auch in Österreich hätten wir großen Handlungsbedarf, die Demokratie massiver auszubauen.

Daher denke ich, die Wertigkeit dieser EBI ist wirklich eine geringe. Es geht nur darum, bei der Europäischen Kommission etwas anzuregen, um dann dazu im Europäischen Parlament angehört zu werden. Sie ist kein Verfahren für ein Gesetz oder für eine Richtlinie oder sonst irgendetwas, sondern ganz im Gegenteil. Daher glaube ich, es müsste genügen, dass man so wie in Deutschland Unterschriftenlisten auf der Straße sammeln kann, die dann stichprobenartig überprüft werden.

Dazu würde man aber ein zentrales Wählerevidenzregister brauchen. Auch das haben wir nicht. Das heißt, wir müssen schauen, dass der Zugang zum Recht, zur Demokratie für die Bürger einfacher wird. Die Voraussetzungen dafür müssen wir eben durch eine zentrale Wählerevidenz und durch Stichproben schaffen. All das wurde in diesem Gesetz nicht verwirklicht, ganz im Gegenteil! Daher glaube ich, dass der heutige Tag ein schlechter Tag ist für die direkte Demokratie.

Es gibt viele Vorschläge hier im Hohen Haus, aber auch außerhalb des Parlaments, auf welchen Ebenen wir Demokratie ausbauen sollen. Das beginnt bei der Gemeinde, geht auf Landesebene weiter bis hin zum Bund. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.) Die letzte große Errungenschaft gelang im Petitionsausschuss – dank Uschi Haubner und auch aller anderen Fraktionen hier im Haus –, dass man jetzt endlich Petitionen elektronisch unterstützen kann, Kollege Auer. Aber einbringen muss sie immer noch ein Nationalrat. Es war ein kleiner Schritt, aber man kann sie elektronisch unterstützen. Und von der Wertigkeit, liebe Kollegen von SPÖ und ÖVP, ist eine Petition an sich nichts anderes als eine Europäische Bürgerinitiative, vom Inhalt her.

Daher verstehe ich nicht, dass man derartige Hürden aufbaut: 14 250 Unterschriften, in sieben Ländern 1 Million, rund 1 Million Kosten für die Einreichung, um das überhaupt einmal verwirklichen zu können; elektronisch unterstützen ja, habe ich gehört, kann man machen, muss man aber zertifizieren. Was das wiederum bedeutet, wissen Sie auch. Das kann eine normale Bürgerinitiative gar nicht leisten. Daher ist dieser Tag ein schlechter Tag.

Es werden heute noch einige andere Dinge diskutiert, etwa das Sicherheits­polizei­gesetz, mit dem wir das Spitzeltum ausbauen, oder dieses komische Abkommen mit den Vereinigten Staaten, mit dem wir auch wiederum 8 Millionen Österreicher – sage ich einmal – unter Generalverdacht stellen, und auch diese Gesetzesvorlage dient


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