Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll152. Sitzung / Seite 59

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16.02.30

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Grundsätzlich liegt mir natürlich auch sehr viel an Transparenz, an Aufklärung, an all jenen Dingen, die da immer wieder beschworen werden. Natürlich bin auch ich schockiert darüber, was früher alles möglich war, was früher alles gemacht wurde, weil es eben möglich war. Auch das schockiert mich. Aber trotzdem – und das wird vielleicht einige verwundern – würde mir viel daran liegen, wenn dieser Ausschuss möglichst schnell zu einem Ende käme.

Mir geht es nicht darum, irgendetwas zu vertuschen, irgendetwas zu verschleiern oder irgendwelche Aufklärungen zu behindern, sondern mir geht es darum, dass dieser Ausschuss so, wie er jetzt läuft, etwas tut, was aus meiner Sicht nicht in unserem Interesse sein kann. Man muss sich einmal eines vorstellen: Jeden Tag oder zumindest jeden zweiten Tag kommt, wenn man „Zeit im Bild“ im ORF aufdreht, ein neuer Name aufs Tapet, und es heißt wieder: Ein Politiker ist korrupt. Ein Politiker hat sich wieder einmal bedient. Die Politiker sind alle korrupt und so weiter. Jeden zweiten Tag, seit Wochen, seit Monaten. Und das soll jetzt monatelang so weitergehen.

Jetzt frage ich Sie: Was passiert, wenn der Bürger permanent mit einer Botschaft malträtiert wird und die Botschaft heißt: Alle Politiker sind korrupt!? Das ist die Botschaft. Ich garantiere Ihnen eines: Spätestens in ein paar Monaten wird er es glau­ben.

Und für jene, die es nicht glauben, ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, es gibt in Öster­reich – rein hypothetisch – Ärzte, die aus finanziellem Interesse heraus Operationen durchführen, die nicht im Interesse des Patienten sind. Stellen Sie sich vor, das würde es geben! Jetzt würden Sie jeden Tag in den Medien hören, dass neuerlich ein Arzt überführt wurde, dass er seine eigenen oder die Interessen des Spitals über die Interessen des Patienten gestellt hat. Stellen Sie sich vor, das würden Sie jeden Tag hören, über Wochen, über Monate!

Was glauben Sie, was passiert? Glauben Sie, dass die Menschen denken: Oh, wieder war der Arzt, der Herr Dr. Maier, der Herr Dr. Huber der böse Bube? – Nein! Die hätten dann Angst, zu einem Arzt zu gehen. Das Vertrauen in den Arzt würde schwinden.

Genauso geht es bei der Politik. Wenn die Bürger oft genug hören, dass hier alle korrupt sind, dann schwindet das Vertrauen. Deswegen habe ich das Beispiel Arzt und Politiker genommen. Der Arzt muss Pillen, Medizin verschreiben, und die Patienten müssen sie schlucken, und zwar mit Vertrauen schlucken. Das heißt, der Patient muss glauben, dass ihm das, was ihm der Arzt verschreibt, gut tut.

Ist es in der Politik nicht genauso? Müssen nicht auch wir manchmal bittere Pillen verschreiben und hoffen, dass der Bürger uns so sehr vertraut, dass er diese Pille auch schluckt? Glauben Sie, dass das, was hier passiert, dazu angetan ist, beim Bürger Vertrauen zu erzeugen? – Ganz im Gegenteil! Wir haben riesige Probleme, die auf uns warten. Wir müssen vom Pensionssystem über das Gesundheitssystem und alle andere Problemfelder, etwa bei der Verwaltung, Antworten finden. Diese Antworten werden nur dann geschluckt, wenn der Bürger Vertrauen zu uns hat.

Was wir hier machen – ich spreche nicht von Aufklärung und Transparenz, all das will ich ja auch –, ist, wir stellen jeden Tag einen anderen Politiker an den Pranger und sagen, schaut, liebe Bevölkerung, alles korrupte Schw – ich sage jetzt nicht das Wort. Genau das ist das Problem.

Jetzt ist die Frage: Was tun wir? Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wir dehnen diesen Untersuchungsausschuss aus und präsentieren wirklich jeden Tag einen neuen Politiker, der das Bild der Bevölkerung wieder einmal bestätigt: Alles korrupte Sch...!


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