Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll153. Sitzung / Seite 230

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Zweitens: Sie können dadurch Krankheiten vermeiden, die sonst durch Nadeltausch aufgetreten wären, wie HIV, Hepatitis C, die ganz enorm viel Geld kosten.

Drittens: Ein Drittel kommt von der Droge los, ein Teil ist wieder arbeitsfähig, die Qualität des Lebens steigt.

Und viertens: Fast alle Drogensüchtigen leiden an einer psychischen Grundkrankheit – Depression, Angst, Borderline-Störung –, und diese muss auch mitbehandelt werden. Die Drogensucht ist ja mehr oder weniger eine Flucht aus dieser Welt, praktisch ein Selbstbehandlungsversuch, der gehörig danebengeht, und die Folgen – Kriminalität, Dealerei und so weiter – sind enorme Schadensfaktoren für die Gesellschaft. Jeder substituierte Patient hingegen muss sich nicht am Karlsplatz durch Dealen seine Droge verdienen.

Insofern stimmt das Argument, dass der Staat eigentlich der größte Drogendealer ist. Und doch stimmt es nicht, denn würde er das nicht machen, müsste er alle diese Folgekosten tragen. Es ist toll, dass wir dieses Wiener Modell haben. Das ist absolut Weltklasse – was die wenigsten wissen –, dass das durch den Hausarzt administriert wird, mit Qualitätssicherung. Das war das Verdienst von Obmann Bittner, der einfach gesagt hat: Ich mache es! Wolfgang Spadiut sagt vollkommen zu Recht, dass das österreichweit völlig wirr ist: zum Teil bezahlt wird, zum Teil teilweise bezahlt wird, zum Teil gar nicht gemacht wird.

Die Behandlung von Drogenkrankheit oder das Beschäftigen mit Drogenkranken ist nicht jedes Arztes Sache/nicht jeder Ärztin Sache. Nur ein Sechstel derer, auch in Wien, die die Therapie bezahlt bekommen, beschäftigt sich mit Drogen. Aber es ist auch ganz klar, dass in Bundesländern, wo für diese komplizierten Behandlungen der Arzt nichts bekommt, die Behandlungszahlen dramatisch zurückgehen; Oberösterreich, Niederösterreich sind Beispiele. Ich rede da nicht gegen die Selbstverwaltung, aber Selbstverwaltung heißt auch Selbstverantwortung der Kassen, und sie sollten das sehr wohl anbieten.

In Summe ist die österreichische Substitutionstherapie eine Erfolgsgeschichte in einem sehr traurigen Kapitel, wobei allerdings polizeiliche Maßnahmen und Präventions­maßnahmen hier nicht vergessen werden sollten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.38.57

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Seit dem Jahr 2007 hat sich die Versorgungssituation mit substituierenden Ärzten in Österreich kontinuierlich verschlechtert. So sank die Zahl zum Beispiel in Nieder­österreich von 305 im Jahr 2007 auf 58 im Jahr 2011, in Oberösterreich von 200 auf 78, in der Steiermark von 70 auf 36. In Kärnten gab es 2010 nur zwei Ärzte, die Substitutionstherapien durchführten. Hier sind es jetzt 2011 zwar 16, alle weiteren Substitutionstherapien werden aber im Ambulanzsystem von Klagenfurt und Villach durchgeführt. In sechs Bundesländern gibt es zumindest einen Bezirk, wo kein Substitutionstherapie durchführender Arzt tätig ist, wie zum Beispiel in Deutschlands­berg.

Die Ursache für den Rückgang der Zahl dürfte zum Teil die strenge Ausbildungs­verordnung der Ministerin Rauch-Kallat sein. Zu einem beträchtlichen Teil liegt es aber auch daran, dass es kein flächendeckendes und einheitliches Honorarsystem für Leistungen im Zuge der Substitutionstherapie gibt.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite