Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll155. Sitzung, 15. Mai 2012 / Seite 48

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Steigerung der Akzeptanz der Politik. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


9.26.34

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Strache, man muss ja nicht so tun, als gäbe es in Österreich keine direktdemokratiepolitischen Instrumente. (Abg. Strache: Verbindliche nicht!) Es gibt bei uns die Volksbefragung, es gibt bei uns das Volksbegehren, und es gibt bei uns Volksabstimmungen. Alle drei Instrumente kennt zum Beispiel die deutsche Bundesverfassung auf Bundesebene nicht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Wir sind in Europa daher nicht Schlusslicht, sondern wir gehören zum Spitzenfeld der direkten Demokratie, aber man wird sich einer Weiterentwicklung dieser Instrumen­tarien nicht verschließen. Diese demokratiepolitische Debatte ist zu führen, und zwar in eine Richtung, dass man die Politikverdrossenheit der Bevölkerung erkennt und die Bevölkerung weiter einbindet.

Das aber nur dazu zu benutzen, um hier so zu tun, als ob man solche Instrumentarien nicht hätte, und eher den Zerstörungsgedanken in den Mittelpunkt der Politik zu stellen – wie es der Herr Bundeskanzler ausgeführt hat –, das ist falsch. Sie haben nie gesagt, worüber man abstimmen soll. (Abg. Kickl: Da waren Sie grad in Nordkorea!) Soll man über Grundrechte abstimmen? Sind diese abstimmungsfähig? Soll die Mehrheit über die Minderheit abstimmen? (Ruf bei der FPÖ: So wie in Nieder­österreich!) Wollen Sie, dass wir alle unsere Minderheiten über demokratiepolitische Volksbefragungen aushebeln? – Ich halte das für falsch.

Wollen Sie über die Gehälter der Generaldirektoren bis hin zu den Beamten abstim­men? – Sie werden immer eine Gruppe finden, die den einen wehtun will und den anderen nicht. Das ist ein Ausspielen von Gruppen in der Bevölkerung. (Abg. Strache: Passiert das in der Schweiz? Passiert das in der Schweiz?) Sie schüren damit den Hass zwischen den einzelnen Gruppen. Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung, die Sie da heraufbeschwören. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Franz.)

Sie werden immer einen Befürworter finden für eine Maßnahme, wenn es darum geht, eine kleine Gruppe zu benachteiligen. (Abg. Strache: Halten Sie die Menschen wirklich für so dumm? – Abg. Dr. Graf: Sie haben keinen Respekt vor dem Wähler!) Das halte ich daher für gefährlich. Deswegen lassen Sie diese wesentliche Frage bei Volks­befragungen und Volksabstimmungen immer weg. Sie reduzieren das auf die Menge der Zustimmung – und nicht auf die Inhalte. Ich halte das für grundlegend falsch.

Nicht vergessen dürfen wir eine Frage, die einen wesentlichen Bestandteil dieser Verantwortung darstellt: Wer ist in der Lage, zu kampagnisieren? (Ruf bei der FPÖ: Sie nicht!) Großkonzerne, Banken, Zeitungen (Abg. Dr. Graf: Stiftungen der SPÖ!) – das heißt, in Wirklichkeit räumt man denen, die schon die wirtschaftliche Macht haben (Zwischenruf bei der FPÖ), noch die Möglichkeit ein, wesentlich mehr an Macht zu gewinnen. (Ruf bei der FPÖ: Warum fürchten Sie …?) Ich halte es auch für eine prob­le­matische Entwicklung, wenn die Kampagnenfähigkeit des Kapitals unterstützt wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 


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