Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 70

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mit rechnen müssen. Aber endlich ein geordnetes Entschuldungsverfahren zu haben oder gehabt zu haben, hätte uns damals vielleicht in eine andere Möglichkeit versetzt und nicht Sie in die Lage gezwungen – ich entschuldige das hiermit vielleicht –, so zu tun, als ob – und Sie tun bis heute so, das ist ja der Punkt – bloß eine Illiquidität vor­läge. Die kommen mit allen Programmen, die vorgesehen sind, am Schluss frisch wie­der nur auf 160 Prozent Staatsschuldenquote.

Im Übrigen – und da komme ich zu den nächsten beiden Punkten, das ist die Frage der Investitionen und der Finanzierung und damit der Steuern – ist es doch so, wenn diese Art von Kürzungsprogrammen durchgezogen wird – wir sagen ja nicht, dass es dort keine Strukturreformen braucht, na selbstverständlich! –, dass sogar das nomi­nelle BIP weiter sinken wird und deshalb noch lange keine Schulden zurückgezahlt sind. Und die Quote, was wird passieren? – Selbst wenn gar kein Defizit gemacht wor­den wäre, Professor Van der Bellen hat es Ihnen schon einmal vorgerechnet, steigt auch ohne zusätzliche Neuverschuldung immer noch die Schuldenquote.

Sie werden sich also dazu bekennen müssen, endlich einmal von irgendwo weg zu starten, den Ernst und die Dramatik der Lage als solche einmal zu akzeptieren. Dann wird auch das, was Sie nachher sagen und tun – das gilt jetzt für die ganze Union und für die Troika –, glaubwürdiger sein.

Aber mit diesem Programm des einseitigen Kürzens machen Sie in ganz Europa ein Problem auf. Auch wenn alle Volkswirtschaften relativ gesund wären, könnte man mit dem Programm, das hier vorgelegt wird, über den Fiskalpakt immer noch ökonomi­schen Schaden anrichten. Das ist ja das Problem. Und wenn wir jetzt ohnehin differen­zierte Stärken in den Fundamentaldaten der Volkswirtschaft haben, ist es doch das Gebot der Stunde, wenigstens differenziert vorzugehen. Wenn man schon der Meinung ist, es geht nicht anders, als auch trotz Krise vom Schuldenstand runterzukommen, dann muss man wenigstens differenziert vorgehen. Aber alle auf einmal, dann ist es mehr als nur eine Achillesferse – wie Sie das dargestellt haben –, wenn wir Spanien, Italien, Portugal mitrechnen. Dann bekommen wir aber andere Probleme, wenn die alle noch weiter in dieser Art und vor allem in dieser Geschwindigkeit zum Kürzen gezwun­gen werden. Das ist doch das Problem.

Deshalb gibt es ja – jetzt schaue ich wieder da nach links hinüber – bei den meisten europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten schon längst die Erkenntnis, dass es zumindest etwas anderes braucht oder vielleicht überhaupt richtig ist, den Fiskalpakt zu bekämpfen. Dazu wird ja noch Gelegenheit sein, in der Debatte Stellung zu beziehen.

Wenn jetzt am Schluss auch eine Steuerfinanzierung gerade vom Vorredner Barten­stein sozusagen auch in das Reich des Bösen verbannt wurde – na ja, es wird nicht bei allen Steuern gleich sein. Lassen wir die österreichische Debatte weg, die kennen wir zur Genüge; teilweise stimmt der Befund aber auch für Europa. Es ist natürlich immer die Frage: Wo besteuere ich? – Damit steuere ich allenfalls um. Und natürlich haben wir das Problem, dass wir sehr viele wachstumsfeindliche und beschäftigungsfeindliche Steuern haben. Aber dort, wo es wenig beziehungsweise kaum etwas ausmachen wür­de oder vielleicht sogar Marktkorrekturen sinnvoll sind, so wie bei der auch von Ihnen gern apostrophierten Finanztransaktionssteuer, dort sollten wir etwas weiterbringen und hin greifen, denn da entsteht sozusagen kein zusätzlicher Beschäftigungsschaden.

Bei der Finanztransaktionssteuer wird es jetzt wirklich Zeit, Glaubwürdigkeit zu de­monstrieren. Das hat auch etwas mit unseren Verhandlungen hier zu tun. Ich sage Ih­nen das noch einmal: Wir werden uns damit nicht abspeisen lassen, dass wir das Gan­ze in Sonntagsreden dauernd präsentiert bekommen. Die einzigen Dinge, die wirklich durchgezogen werden, sind der Fiskalpakt und allenfalls der ESM. Der ist ja, für sich genommen, ganz anders zu beurteilen, aber auch da haben Sie jetzt die Vinkulierung mit dem Fiskalpakt drinnen, was ja von Deutschland immer gewünscht wurde.

 


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