Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 114

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„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle zum Bundes-Ver­fassungsgesetz über eine umfassende Staats- und Parlamentsreform vorzulegen, die folgende Mindestanforderungen erfüllt:

1. Parlament aufwerten.

Österreich braucht ein starkes Parlament. Die Gesetzgebung erfolgt grundsätzlich durch den nach dem Verhältniswahlrecht in den bestehenden Wahlkreisen von der Be­völkerung bundesweit gewählten Nationalrat. Dieser wird als Gesetzgebungsorgan vollwertig mit einem Legistik-, Verfassungs- und Budgetdienst ausgestattet und damit in seiner Unabhängigkeit von der Vollziehung gestärkt. Der Nationalrat bildet zusam­men mit dem Bundessenat, der anstelle des Bundesrates eingerichtet wird, das Parla­ment.

2. Bundespräsident abschaffen.

Der vom Nationalrat gewählte Nationalratspräsident vertritt Österreich gleichermaßen als Präsident nach außen, dient als „Staatsnotar“, erhält ein Notverordnungsrecht und wahrt die Staatsräson. Sein Sitz im Nationalrat wird nach seiner Wahl nachbesetzt, er besitzt lediglich ein Rede-, aber kein Stimmrecht im Nationalrat.

3. Nationalrat wählt Regierung.

Der Nationalrat wählt den Bundeskanzler. Dieser hat ein Vorschlagsrecht für die Bun­desminister, die ebenfalls vom Nationalrat gewählt werden. Anzahl und ressortmäßige Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der Bundesministerien sind neu zu diskutieren und zu hinterfragen, Ziel muss eine nachhaltige Straffung bundes-staatlicher Verant­wortlichkeiten und Aufgaben sein.

4. Landtage und Landesregierungen abschaffen.

In den Ländern, die als administrative Einheiten mit eigenem Wirkungsbereich erhalten bleiben, werden in einer Persönlichkeitswahl jeweils zwei Senatoren pro Regional­wahlkreis (43) direkt gewählt. Sie treten für die politischen Entscheidungen auf Landes­ebene als Landessenat zusammen. Als Bundessenat bildet die Hälfte der Senatoren der neun Landessenate die zweite Kammer des Parlaments. Der Landessenat besitzt Verordnungskompetenz und übt die Kontrolle im eigenen Wirkungsbereich aus. Lan­desgesetzliche Kompetenzen bestehen nicht, Senatoren und Landessenate sind je­doch über den Bundessenat in die Bundesgesetzgebung eingebunden.

5. Landeshauptmann direkt wählen.

Die direkt von der Bevölkerung persönlich gewählten Landeshauptleute führen jeweils den Vorsitz im Landes-senat und besitzen Entscheidungskompetenz im Wirkungsbe­reich des Landes. Sie vertreten ihr Bundesland nach innen und außen.

6. Gemeinden stärken, Bürgermeister direkt wählen.

Die politische Willensbildung in den Gemeinden erfolgt durch eine gewählte Gemeinde­vertretung. Der Bürgermeister wird direkt gewählt. Verwaltungstechnisch sind die Ge­meinden erste Anlaufstellen für die Bürger. Ihre Aufgaben sind nur im eigenen Wir­kungsbereich hoheitliche. Gemeinden (und Bezirke) sollen (innerhalb einer Bandbreite für unvermeidbare räumliche und historische Abweichungen) nach skandinavischem Muster eine bestimmte Mindestgröße aufweisen.

7. Mehr direkte Demokratie.

Das Recht geht vom Volk aus. Die direkte Demokratie ist daher vor allem dort zu stär­ken, wo Bundesverfassung und Lebensinteressen (EU, Gentechnik etc.) berührt wer­den, und dort, wo der Bürger unmittelbar auch die Verantwortung für seine Partizipa­tion trägt (Anlagenverfahren, Verkehrswege, Investitionsentscheidungen etc.). Grund-


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