Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll159. Sitzung / Seite 150

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.04.06

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Zunächst zur Einleitung, Frau Bundesministerin. Bei zwei Ihrer Antworten habe ich ein bisschen ge­zuckt, bis ich mir überlegt habe, man kann das so beantworten.

Erstens die Antwort auf Frage 6, die lautete, ob Felderer recht hat, wenn er meint, dass Griechenland nicht in der Lage sein werde, die geleisteten Hilfsgelder zurückzuzahlen. Da haben Sie sinngemäß gesagt, Griechenland wird es zurückzahlen.

Wie Sie wissen, bin ich seit drei Jahren der festen Überzeugung, dass Griechenland nicht dazu imstande sein wird. Es ist aber ein Unterschied, möchte ich hinzufügen, ob der Herr Strache das sagt, ob ich das sage oder ob die Frau Bundesministerin das sagt. Sie muss sich in so einem Fall verschweigen, sie muss sogar, finde ich, gegen ih­re eigene Überzeugung sprechen, wenn sie öffentlich spricht. Denn wenn sie der Mei­nung sein sollte, unsere Bundesministerin Fekter, dass Griechenland das nicht zurück­zahlen können wird, was wird dann sein? – Dann würden wir fragen: Ja und was heißt das, wer zahlt dann und was passiert dann, wo sind die Vorbilder? (Abg. Strache: Das wäre der ehrliche Umgang!) Das wäre ein ehrlicher, aber unprofessioneller Umgang. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Strache: Man muss also lügen, um professionell zu sein!) Sorry, das muss ich so sagen.

In solchen Situationen ist es extrem heikel – und ich komme jetzt im Rahmen der Fra­ge 22 darauf zurück –, was ein Minister, eine Ministerin öffentlich sagt. Bei der Fra­ge 22 hat es Ihnen die FPÖ leicht gemacht, finde ich. Das war die Frage: „Wie kamen Sie zu Ihrer Einschätzung, dass Italien in absehbarer Zeit unter den Euro-Rettungs­schirm kommen muss?“

Hat die Frau Bundesministerin Fekter in diesem Fernsehinterview, „ZiB 2“ war das, glaube ich, muss gesagt? (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Moment, Herr Westenthaler. Wenn sie nicht muss gesagt hat, sondern eine andere Formulierung verwendet hat, etwa es könnte sein, dass, es ist wahrscheinlich, dass, es wird vielleicht nicht zu vermeiden sein, dass, und so weiter, dann ist ihre Antwort korrekt, dass sie diese Aussage nie so getroffen hat.

Wie wir alle wissen, Herr Bartenstein, ist es natürlich bestenfalls nur ein Drittel der Wahrheit. Denn wenn sie die Aussage gar nicht so getroffen hätte, dann hätte sich Mario Monti, immerhin italienischer Ministerpräsident, völlig unverständlicherweise auf­geregt, wie eine Finanzministerin, in diesem Fall aus Österreich, öffentlich über die Frage spekulieren kann, ob Italien unter den so genannten Rettungsschirm kommt oder nicht. Dies muss also schon ein echtes – wie sagen die Juristen? – Substrat ha­ben.

In diesem Fall hat, im Gegensatz zur Antwort auf Frage 6, Frau Bundesministerin Fek­ter, finde ich, einen Fauxpas ersten Ranges begangen. Wenn solche Aussagen zum Beispiel Herr Schäuble getroffen hätte, Deutschland, zehnmal so wichtig und so weiter, dann hätte das Italien Millionen kosten können, wenn die Finanzmärkte darauf reagie­ren, die Zinsen steigen und so weiter. Da sind wir uns doch einig, Herr Bartenstein, dass solche Äußerungen, selbst wenn man sie für wahr halten sollte, ein Minister nicht öffentlich treffen darf?

Ein besonderer Charme in diesem Zusammenhang ist, wir verhandeln ja gerade mit dem Finanzministerium, der ÖVP und der SPÖ über die Geschäftsordnungsnovelle zu den ESM-Rahmenbedingungen. Da zerbrechen wir uns den Kopf, Herr Bartenstein oder Herr Stummvoll, über die so genannten Compliance-Regeln, wenn Abgeordnete


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