Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll161. Sitzung / Seite 192

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27. Juni eine Sondersitzung, wo das durchgepeitscht werden soll. Und dann kommt das in den Bundesrat, und Anfang Juli wird der Bundespräsident das unterfertigt haben.

Das ist von Ihnen von vornherein von langer Hand genau geplant worden – na klar, weil Sie vor einer breiten Debatte Angst haben und weil Sie eine verbindliche Volks­abstimmung bei diesem Thema wieder einmal verhindern wollen.

Ich frage Sie: Wo ist der Rechtsanspruch der österreichischen Bevölkerung in dieser Frage?

Da muss man nicht nur an den Rechtsanspruch erinnern, sondern auch an das Versprechen des Herrn Bundeskanzlers Werner Faymann, der von einer grundlegen­den Änderung der Verfassung sprach. Aber das ist nicht nur eine Änderung der österreichischen Verfassung, sondern das ist auch eine Änderung der Europäischen Verfassung, die grundsätzlich ausgeschlossen hat, eine Transferunion werden zu wollen.

Das entbindet Sie nicht Ihrer Verantwortung, auch wenn Sie hier mit Zweidrittel­mehrheit einen Beschluss fassen sollten. Das bleibt letztlich etwas, was Sie der Bevölkerung nicht werden erklären können, wenn Sie nicht bereit sind, da auch eine Volksabstimmung durchzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ESM-Diktat – anders kann man es nicht bezeichnen – ist ein ESM-Zwangsenteignungspaket. Das muss man zum Abschluss schon herausarbeiten. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Bis dato war der Europäische Rettungsschirm, der EFSF, aufgrund der parlamentari­schen Budgethoheit in diesem Haus „freiwillig“ – unter Anführungszeichen –, wenn eine entsprechende Verfassungsmehrheit gefunden werden konnte. Die wurde gefun­den: Beim ersten Rettungsschirm des EFSF-Pakets haben SPÖ, ÖVP und die Grünen beschlossen, dass wir für Bankenspekulanten und für europäische Pleitestaaten unser österreichisches Steuergeld zur Verfügung stellen und damit haften – gegen unsere Stimmen!

Und jetzt gehen Sie den nächsten Schritt, und zwar in Richtung des Europäischen Sta­bilitätsmechanismus, der diesem Parlament und dem Hohen Haus die Beschlussge­walt nimmt. Das soll nämlich in Zukunft mit einfacher Mehrheit in einem Ausschuss durchgewunken werden, damit man dem Diktat und dem Wunsch der Europäischen Union und dem Verlangen des Gouverneursrates entspricht. Genau das ist ja in den Richtlinien des Gouverneursrats sehr, sehr klar angeführt.

Das hat mit Demokratie nichts zu tun! Sie sollten sich wirklich schämen. (De­monstrativer Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Ja, Sie sollten sich wirklich schämen!

Das hat doch nichts mit Demokratie oder mit dem Ausbau der Demokratie zu tun! Das sind ja Mechanismen, wo jeder aufrechte Demokrat aufschreien muss, ganz gleich, ob er links, rechts, vorne, hinten oder wo auch immer in der ideologischen Debatte steht. Das zeigt, dass Sie völlig weg sind vom demokratischen Grundverständnis.

Und genau das ist das Ungeheuerliche an dieser Entwicklung, da letztlich die Bevölkerung eine Zwangsenteignung befürchten muss, weil man unseren Haftungs­rahmen unbeschränkt anheben kann und viele Experten heute davon reden, dass, nachdem Irland, Portugal und Griechenland sozusagen auf der „Rettungsschirm-Dacke“ gestanden sind, jetzt Spanien dazukommt, wie wir wissen, und in der Folge Italien und dann vielleicht auch Frankreich. Keiner weiß, wo haltgemacht wird, wahr­scheinlich nirgendwo, sodass wir alle in das Schlamassel hineingerissen werden.

 


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