Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 131

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Wurm: Ein guter Redner nach dem anderen! Mir ist schon ganz schwindlig!)

 


15.01.49

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Der Kollege Scheibner ist im Moment nicht da – schade! In einigen Punkten konnte ich ihm nämlich durchaus folgen. (Abg. Bucher: Dafür bin ich da, stellvertretend!) Für mich ist der Euro auch nicht irgendeine heilige Institution, sondern das ist eine Währung – nicht mehr und nicht weniger. Und solange diese Währung ihre Funktionen erfüllt, ist es in Ord­nung. Ihre Funktionen erfüllt, heißt, wir verwenden sie als Zahlungsmittel, wir verwen­den sie als Tauschmittel gegenüber anderen Währungen, wir werden in dieser Wäh­rung bezahlt, et cetera.

Ich war auch sehr unglücklich über die Bemerkung von Frau Merkel – es ist schon ein Jahr her oder zwei –, wenn der Euro scheitert, dann scheitert Europa. Das ist natürlich in mehrfacher Hinsicht Unsinn. Erstens ist die Union nicht gleichbedeutend mit Europa. Zweitens, wenn der Euro scheitert, geht hoffentlich ein Ruck durch die Staaten der Uni­on, um nicht alles scheitern zu lassen, inklusive des Binnenmarktes und so weiter.

Aber das passt ja irgendwie zu den Ungenauigkeiten der Semantik in diesem Zusam­menhang. Wir reden immer von Euro-Rettungsschirmen, als ob der Euro gerettet wird. Das Gegenteil ist der Fall. Der Euro musste überhaupt noch nie gerettet werden. Was „gerettet“ wird – unter Anführungszeichen –, sind einzelne insolvente oder illiquide Staaten vor den Konsequenzen dieser Illiquidität oder Insolvenz. Aber der Euro als sol­cher braucht keinen Rettungsschirm. Bis jetzt hat er jedenfalls noch nie einen ge­braucht.

Kollege Scheibner, aber auch andere Kollegen vom BZÖ, haben sich auf die Hearing-Ergebnisse berufen. Da muss ich aber schon sagen, dass niemand von den Anwesen­den, niemand von den Experten und niemand von den anwesenden Abgeordneten nachvollziehen konnte, wie der Herr Ramb, das ist der von Ihnen nominierte deutsche Experte, plötzlich das Risiko für Österreich von den rund knapp 20 Milliarden, von de­nen im Vertrag die Rede ist, multiplizieren konnte und auf Beträge von 200 bis 400 Mil­liarden kommt. Das war für niemanden nachvollziehbar – sorry.

Herr Bucher, wenn ich Sie da schon sehe, vielleicht erklären Sie uns einmal, wie das mit dieser Parallelwährung gehen soll. (Bundesministerin Dr. Fekter: Südafrika!) Ich habe ja gesehen, dass Sie ein Büchlein vom Herrn Kerber haben. Herr Kerber ist ein Jurist von der Technischen Uni Berlin, war Ihr Experte beim Hearing – und ich hoffe, dass sein Buch besser ist als das, was er dort gesagt hat. Herr Kerber hat im Hearing gesagt – das habe ich mir genau gemerkt –, dass der ESM erst in Kraft treten würde, wenn und sobald der Fiskalpakt ratifiziert ist. Und er hat auch gesagt: Daher wird der ESM in absehbarer Zeit nicht in Kraft treten. (Abg. Mag. Stefan: Nein, nein! Hat er nicht gesagt!  90 Prozent !)

Das ist völliger Unsinn! Fiskalpakt und ESM haben gewisse Überschneidungen – ja, das ist wahr. Ein Land kann erst Hilfe erhalten, wenn es den Fiskalpakt unterschrieben, also ratifiziert hätte, aber das ist es auch. Wenn der Fiskalpakt überhaupt nicht in Kraft tritt, tritt der ESM trotzdem in Kraft, wenn ihn hinreichend viele unterschrieben haben. (Beifall bei den Grünen. Abg. Bucher: Aber nicht für das Land!) – Was heißt „nicht für das Land“? Wenn sie unterschrieben haben, dann haben sie unterschrieben.

Die Aufregung kann ich bis zu einem gewissen Grad überhaupt nicht nachvollziehen. Was ist denn der ESM?  Der ESM ist der Nachfolger der EFSF und bis zu einem ge­wissen Grad ist er der Nachfolger der Interventionen der Europäischen Zentralbank. Da die Interventionen der EZB, so sinnvoll sie auch in der Vergangenheit waren, immer


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