Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 179

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cherzustellen und sich dafür einzusetzen, dass diese Zusammenarbeit so viele Mit­gliedstaaten wie möglich umfasst, um die bestmögliche Wirkung der Finanztransak­tionssteuer zu erzielen.“

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. – Bitte.

 


17.51.25

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! – So wirklich begeistert klang das aber nicht, Herr Kollege Krainer! Kollege Matznetter hat ja schon darauf hingewiesen, dass es sich um ein politisches Paket handelt und dass der so­genannte Fiskalpakt halt auf Drängen der Deutschen zum ESM dazugekommen ist und die Bundesregierung – wie soll ich sagen? – keinen Weg gefunden hat, dieser Art von deutscher Nötigung auszuweichen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Ja, nicht nur deut­scher, aber speziell der Regierung Merkel, natürlich.

Von den Deutschen wird immer wieder zu argumentieren versucht, dass man den Fis­kalpakt braucht, um den berüchtigten Finanzmärkten zu signalisieren, dass man es jetzt ernst meint mit der Verschuldungsproblematik. Ich halte das aus mehreren Grün­den für ganz falsch. Wenn Sie die berüchtigten Medien der Finanzwelt studieren, etwa die „Financial Times“ oder den „Economist“, dann werden Sie über all diese Monate und Jahre, glaube ich, nicht einen einzigen ernst zu nehmenden Kommentar finden, der diese Art von Fiskalpakt als vertrauenerweckend bei den Finanzmärkten ansieht, sondern die reden von ganz anderen Dingen: in erster Linie von der politischen Hand­lungsfähigkeit der Union, von „klotzen statt kleckern“, dass das aufhören muss, ständig den Krisen hinterherzurennen, und endlich einmal neue Institutionen und Mechanis­men geschaffen werden sollen, darunter zum Beispiel die Eurobonds. Das wären Maß­nahmen, mit denen man Handlungsstärke und Selbstbewusstsein signalisiert – aber nicht mit solchen kindischen Sachen.

In der heutigen „Financial Times“ findet sich ein langer Artikel vom Chefkommentator Martin Wolf: „A step at last in the right direction“. – Dieser bezieht sich auf den letzten Gipfel. Was darin nicht vorkommt, ist irgendein Wort vom Fiskalpakt, geschweige denn, dass er positiv erwähnt wird. Was erwähnt wird, das sind die negativen Wachstums­raten von Irland, Spanien, Italien und Portugal. Das sind die Folgen der Politik in Eu­ropa der letzten Jahre, dass wir mit negativen Wachstumsraten niemals aus dieser Schuldenproblematik herauskommen. Das ist einmal das Erste, was natürlich viele von uns verstehen, sich aber politisch genötigt fühlen, trotzdem dem Fiskalpakt zuzustim­men, obwohl sie wissen, dass, wenn man das ernst nimmt, was da drinnen steht, die europäische Rezession verschärft und verstärkt wird.

Das ist nun einmal ein Grundprinzip in der Ökonomie, dass das, was ein Land macht – Lettland zum Beispiel in der großen Krise, Ungarn von mir aus vor einigen Jahren –, verkraftbar ist, wenn die Umwelt entsprechend wachstumspolitisch orientiert ist. Aber wenn die gesamte Union oder auch nur die gesamte Eurozone simultan, gleichzeitig dieses scharfe Konsolidierungsprogramm fährt, dann muss das zu einer weiteren Ver­schärfung der Rezession führen. Sorry! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen das ganz genau – und geben trotzdem diesem Druck nach. Wir halten das für ganz falsch. Also wir halten das für ökonomisch kontraproduktiv, was hier gemacht wird. Der Hoffnungsschimmer, den man haben kann, ist, dass das nicht so ernst ge­meint ist, wie es da auf dem Papier steht. Hoffen wir das! Hoffen wir, dass es nicht so gehandhabt wird, wie es da gemeint ist!

 


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