Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 115

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die die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil sie mit öffentlichen Geldern nicht umgehen konnten, dann zeigt das schon die besondere Perfidie dieser ganzen Diskussion, wenn gerade Sie, Herr Bundeskanzler, der Sie nicht einmal mit Inseratengeld ordentlich um­gehen können, uns plötzlich erklären, wie man mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf europäischer Ebene umgehen kann. – Aber das nur zur Einlei­tung. (Beifall beim BZÖ.)

Zum Kollegen Rossmann von den Grünen: Sie sagen, die meiste Schuldenlast ist bei den meisten Ländern durch die Wirtschaftskrise ausgelöst worden. Laut Eurostat – das dürfte Ihnen ein Begriff sein – aus dem Jahr 2006 hatte Griechenland bereits 2006 106,1 Prozent des BIP als Verschuldung, ebenso Italien. (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.) Daher war ja nur bedingt die Wirtschafts- und Finanzkrise bei eini­gen Ländern schuld an der hohen Verschuldung. Diese Warnbeispiele aber sind sys­temimmanent seit dem Jahr 2006 und auch schon davor, und daher hätte man sich überlegen sollen, ob man solche Schuldenländer überhaupt in eine Europäische Wäh­rungsunion aufnimmt und damit riskiert, dass wir mit unserem Steuergeld, dem Steu­ergeld der Österreicherinnen und Österreicher – das im Übrigen, Kollege Rossmann, auch im Schuldenturm Österreich verschwindet durch die Schuldenpolitik von Rot und Schwarz –, für sie einstehen müssen, ob wir damit überhaupt solche Länder mitfinan­zieren – volkstümlich gesagt: durchfüttern – können.

Das war der historische Irrglaube, der uns heute einmal mehr zu dieser Diskussion, zu diesem Scheideweg führt: ob wir es Österreich zumuten können, unter den Unter­schlupf einer Schuldenunion zu gehen, obwohl wir selbst bereits kein Geld mehr ha­ben. Denn: Wie viel Verschuldung Österreich anhand des BIP 2011 hat – mehr als 70 Prozent, leidige 70 Prozent –, das brauche ich Ihnen nicht auch noch zu zitieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe Ihnen heute ein Beispiel mitgebracht, ein Beispiel aus meiner Geburtsstadt Graz. Die Grazerinnen und Grazer zahlen im Jahr 2011 1,7 Milliarden € an Einkommen- und Vermögensteuer. (Zwischenrufe der Abgeordneten Steibl und Mag. Schickhofer.) Sie zahlen 940 Milliarden € an Umsatz­steuer, und an anderen Abgaben – Quelle: das Finanzministerium – 161 Milliarden €. (Abg. Jakob Auer: Millionen, nicht Milliarden! – Zwischenruf des Abg. Riepl.) Jahr für Jahr zahlen die Grazer, die Bewohner der zweitgrößten Stadt Österreichs, 2,8 Milliar­den € Steuern, und sie haben in Graz Schulden von 1,3 Milliarden €.

Und daher sagen wir, dass es angesichts der Schuldensituation unserer Länder, auch unserer Gemeinden und des Bundes widersinnig ist, das wenige Geld, das man durch hohe Steuern und Abgaben noch hereinbekommt – wobei man ohnedies die Wirtschaft auspresst und den Unternehmern, den Angestellten, den Arbeitnehmern Daumen­schrauben anlegt –, in ein unfinanzierbares Schuldensystem, in einen korrupten „Euro­pean Kings Club“ hineinzuzahlen. (Abg. Mag. Gaßner: Milliarden sind nicht gleich Mil­lionen!) Dafür sind wir nicht zu haben und haben daher mehrmals gesagt, und zwar fundiert mit den Zahlen des Finanzministeriums, mit den Zahlen von Eurostat: Genug gezahlt, sehr geehrte Damen und Herren! Und das schreiben wir Ihnen heute einmal mehr in Ihr Stammbuch. (Beifall beim BZÖ.)

Das Land hat Schulden. Die Bildung der Schuldenunion mit einer Beteiligung Öster­reichs bedeutet, dass wir unser eigenes Elend auf europäische Ebene übertragen. Und da gibt es mehrere Zugänge. Der Zugang des deutschen Verfassungsgerichtshofs war ein rechtlicher. Auch der Zugang einiger Parlamentsparteien, unter anderem des BZÖ, nämlich dass wir gegen den ESM eine Klage einbringen wollen, ist ein rechtlicher. Aber, sehr geehrter Herr Bundeskanzler Faymann, es gibt auch einen moralischen Zu­gang. Und diesen moralischen Zugang haben Sie an dem Tag verloren, als Sie ge­meinsam mit der ÖVP und mit der Unterstützung der Grüninnen und Grünen de facto den Ausverkauf Österreichs, den Ausverkauf der österreichischen Steuerleistung be-


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