Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 124

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17.13.09

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich habe den Eindruck, dass sich die Welt der Politik und der Minis­terien beträchtlich von der Wirklichkeit unterscheidet. Wenn man sich nämlich anhört, wie die Rektorenkonferenz, die jetzige uniko, auf die Steuerpläne reagiert, sind da Meilen dazwischen! Ich lese jetzt vielleicht ausnahmsweise etwas Lustiges aus der „Presse“ vor: 

Das Ressort von Karlheinz Töchterle (...) erhält (...) rund 175 Mio. Euro mehr als (...) davor. Der Anteil an der sogenannten Hochschulmilliarde (...) – 250 Mio. (...) – ist darin bereits enthalten“.

Wie können in „175 Mio. Euro mehr“ 250 Millionen enthalten sein? – Das soll mir ein Mathematiker einmal vorrechnen! Man vermutet, dass bisherige Einsparungen an außeruniversitären Instituten dafür herhalten müssen.

Rektor Engl sagt, es fehlt akut eine Milliarde. Die Rektorinnen und Rektoren sagen, sie bräuchten jetzt mindestens 300 Millionen €, um den Status quo aufrechtzuerhalten. Dein Nachfolger (in Richtung Bundesminister Dr. Töchterle) sagte bei der Verkündung der Universitätsmilliarde, dass das bei Weitem nicht reichen wird. Die TU kürzt bereits bei den Zuwendungen an das Lehrpersonal. Der Medizin-Uni Wien mussten 8 Millio­nen € geliehen werden, die sie aber zurückzahlen muss. Wenn sie sie zurückzahlt, werden ihr wieder 8 Millionen € fehlen, wenn nicht mehr. Die TU Graz solidarisiert sich mit der TU Wien.

Es werden Offensivmittel, die seit Loipersdorf fortgeschrieben werden, als „frisches Geld“ verkauft. Das Heikle an der Sache ist, dass politisch suggeriert wird: Jetzt ist Geld da! Die Uni könne sich profilieren, fokussieren – an und für sich euphemistische Umschreibungen von „schließen“ und „gesundschrumpfen“. Und man wird sich erwar­ten, wenn man eine Milliarde bekommt, werden Wunder geschehen. – Die Rektoren sagen, diese Wunder sind mit diesen Mitteln nicht zu erreichen!

Und jetzt komme ich einmal kurz auf die Medizin zu sprechen: Wenn das Ministerium nicht „Ministerium für Wissenschaft und Forschung mit Ausnahme der Medizin“ heißen soll, wird man sich jetzt einmal darum kümmern müssen. Das Land Tirol bekommt jetzt 145 Millionen € ausbezahlt für einen Prozess, den das Ministerium wegen zu wenig ausbezahlter klinischer Mehrleistungen auch mitverursacht hat.

Warum will eigentlich ein Landeshauptmann von Oberösterreich eine Medizin-Uni? – Weil der Bund, weil das Wissenschaftsressort ihm dann 50 Prozent des Personals, 50 Prozent der Sanierungskosten, 50 Prozent der Neubauten und 30 bis 40 Prozent der Großgerätekosten zahlt! Dumm ist er ja nicht. (Abg. Großruck: Nein, das hat einen anderen Grund!) – Nein, es ist so! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Und was sagen Sie: Wie soll Forschung bei maximalen Arbeitszeiten von 72 Stunden gewährleistet werden, wenn die medizinischen Universitäten schon Journaldienste einsparen? Glauben Sie wirklich, dass man nach einem Journaldienst oder einem Dienst, der von Samstagfrüh bis Montagvormittag reicht, dann ins Labor geht, um zu forschen? – Das wird nicht gehen!

Es ist gut, wenn wir Abkommen mit Albanien abschließen. Man wird Abkommen mit den Ländern abschließen müssen, denn ich habe Rektor Lochs gesagt, wenn es so weitergeht, dass er sozusagen all das tut, wozu ihn die Landes-Holding und das Land beauftragen – nicht umsonst war er ihr Lieblingskandidat –, kann er das Rektorat in das Bergisel-Museum verlegen, aber im Bergisel-Museum zu sein ist nicht Sinn eines Wissenschaftsstandortes.

 


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