Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll178. Sitzung / Seite 22

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich hoffe, Sie verstecken sich nicht hinter Bestimmungen, die es gar nicht gibt. Jeder Journalist/jede Journalistin hat heute das Recht, bei der Staatsanwaltschaft Wien anzurufen und zu fragen, ob gegen eine bestimmte Person als Beschul­digter/Beschuldigte ein Strafverfahren geführt wird. Jeder Mensch hat das Recht, darauf eine Antwort zu bekommen. Und wenn das für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Republik gilt – ich mache Sie gleich darauf aufmerksam, Frau Justizministerin –, dann gilt das insbesondere für dieses Haus.

Ich erwarte, dass Sie heute aufzählen und über den Stand der Verfahren berichten. Nicht nur über die Verfahren, wo wir sagen: Ja, da leisten Staatsanwälte und Staatsanwältinnen ganz hervorragende Arbeit!, sondern auch über jene, bei denen nichts weitergeht, die behindert werden, wie etwa die Aufklärung der Telekom-Ostgeschäfte und der ganze Komplex Schlaff (Abg. Mag. Kogler: Richtig! Jawohl!), wo der Verdacht im Raum steht, dass Herr Schlaff ein reiner Strohmann für organisierte russische Kriminalität ist und über Scheinverträge den Eindruck erzeugt hat, als würde ein österreichischer Investor und nicht ein russischer Großkrimineller mit der Telekom Austria in der Causa Bulgarien Geschäfte machen. (Abg. Mag. Kogler: So ist es!)

Diese Republik hat ein Recht darauf, zu erfahren – im Parlament und vor der Straf­justiz –, ob die organisierte russische Kriminalität bereits unter den Augen öster­reichischer Banken und mithilfe des Leiters der Wirtschaftspolizei hier Geschäfte über Strohmänner wie Martin Schlaff mit der Telekom Austria AG machen konnte, und sie hat ein Recht darauf, zu erfahren, warum über die ÖIAG bis zum Finanzministerium die komplette Kontrolle versagt hat.

Wenn sich die organisierte Kriminalität einmal derart breiter Unterstützung – bis hin zu einem Ex-ÖVP-Obmann – erfreuen darf, dann ist es höchst an der Zeit, dass ermittelt wird, dass untersucht wird, dass aufgeklärt wird und dass Konsequenzen gezogen werden.

Letzte Bemerkung, meine Damen und Herren: Ja, wir leben in einem schönen und reichen Land. Wir leben in einem Land, in dem enorm viele tüchtige Menschen und unglaublich hoch qualifizierte Menschen arbeiten, lernen, studieren und regelmäßig, pünktlich und genau ihre Steuern zahlen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Und deswegen ist es nur besonders schwer erträglich, dass diese Menschen den Eindruck gewinnen müssen, dass es eine gewisse Gruppe von Politikerinnen und Politikern gibt, die nach wie vor glauben, dass sie es sich richten können, die nach wie vor glauben, dass sie als Beschuldigte Bundesregierungen führen können, die nach wie vor glauben, dass sie parlamentarische Untersuchungen abdrehen können, die nach wie vor glauben, dass ein Bekenntnis gegen Korruption genügt, um so weitermachen zu können, wie man dies jahre- und jahrzehntelang in dieser Republik getan hat.

Dieser Untersuchungsausschuss war ein Erfolg – aber er wird erst dann ein wirklicher Erfolg sein, wenn sich die politische Kultur in dieser Republik ändert, wenn politisch verantwortliche Minister und Ministerinnen, gegen die so viel vorliegt, wie gegen Werner Faymann, gegen Josef Ostermayer und gegen Nikolaus Berlakovich, politische und persönliche Konsequenzen ziehen, wenn es Gesetze gibt, auf deren Basis sichergestellt wird, dass Staatsanwälte illegale Parteienfinanzierung verfolgen dürfen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) und wenn es eine Änderung in der politischen Kultur gibt, wenn es erstmals nicht nur ein gemeinsames Lippen­bekenntnis von fünf Parteien, sondern gemeinsame Aufklärungsarbeit, gemeinsame Antikorruptionsgesetzgebung und einen gemeinsamen sauberen politischen Neu­beginn in dieser Republik gibt. Und in erster Linie dazu wollen wir mit diesem grünen Bericht über den Untersuchungsausschuss beitragen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.38

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite