Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll179. Sitzung / Seite 172

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einen Arbeitskreis umzuleiten. Sie alle kennen das Sprichwort betreffend den Arbeits­kreis: Wenn man nicht mehr weiter weiß, dann gründet man einen Arbeitskreis. Kollege Scheibner nickt. Wir kennen das ja auch von der Verwaltungsreform, wozu es ja mei­nes Wissens schon seit zweieinhalb Jahren keine Sitzung im Unterausschuss, im Ver­fassungsausschuss mehr gegeben hat. Und da geschieht weiter nichts.

Da muss man irgendwann einmal auch wieder klar sagen, dass diese Arbeitsgruppe zu beenden ist, wenn nicht wirklich ein Ergebnis herauskommen kann, und dass man dann eben andere Wege beschreiten muss.

Auch deshalb – nicht nur deshalb – schlage ich einen BürgerInnenkonvent vor. Ich ha­be das im Ausschuss schon vorgebracht. Island hat es vorgemacht. In Island gab es rund um die Wirtschaftskrise durchaus viel zu erledigen. Die isländische Regierung hat gesehen, dass man auch intensiv an demokratiepolitischen Fragen arbeiten muss und hat das nicht von oben herab gemacht, sondern hat einen Rat von 25 Menschen ein­gerichtet, einen Verfassungsrat, der vorab gewählt wurde, der an einer Verfassung ge­arbeitet hat. Vor drei Wochen wurde vom isländischen Volk über diese Verfassung abgestimmt. Es wurde dazu befragt, und 66 Prozent haben sich dafür ausgesprochen. Und in dem Fall hat die Regierung ein Bekenntnis dazu abgegeben, dass sie sich an das Ergebnis dieser Abstimmung gebunden fühlt.

Ich bin davon überzeugt, dass wir, wenn wir es nicht schaffen, über Parteilogik und Parteiinteressen hinausgehend sinnvolle Demokratiereformen durchzubringen – sei es jetzt das Wahlrecht, die direkte Demokratie oder auch die Korruptionsbekämpfung be­treffend –, das Volk einbinden sollten. Warum starten wir nicht einen partizipativen Pro­zess nach dem Vorbild Islands oder vielleicht auch mit Abwandlungen, bei dem alle Bürgerinnen und Bürger mitmachen können, und schauen uns an, was die Bevölke­rung will? (Abg. Scheibner: Das könnten Sie in Wien vorzeigen!)

Das gilt nicht nur, wenn es politisch genehm ist, wie bei dieser Volksbefragung, weil ÖVP und SPÖ sich über die Wehrpflicht nicht einigen können und deswegen eine amt­liche Meinungsumfrage machen, sondern eben auch bei den wirklich wesentlichen Fra­gen unserer Demokratie, einer wesentlichen Frage unseres Staates.

Daher auch mein Vorschlag: Wenn nichts weitergeht in dieser Arbeitsgruppe, dann schauen wir uns doch an, wie wir so einen Konvent organisieren können, und hören wir uns an, was die BürgerInnen wollen. (Beifall bei den Grünen.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


18.29.42

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hören wir uns doch an, was die BürgerInnen wollen, Frau Kollegin! Das klingt sehr gut. (Abg. Dr. Pirklhuber: Bravo!) Das klingt sehr gut, Herr Kollege von den Grünen.

Die Problematik ist dann allerdings: Wenn man in der Lage wäre, das auch umzuset­zen, so wie die Grünen in Wien, dann klingt das schon wieder ganz anders. Ich erin­nere an die Volksbefragung über das Parkpickerl, die 150 000 Wienerinnen und Wie­ner beantragt haben. Da sind die Grünen dann plötzlich überhaupt nicht mehr so sehr für die direkte Demokratie eingetreten, weil das dann vielleicht anders ausgegan­gen wäre, als man das selbst gewollt hätte.

Das ist das Problem mit der direkten Demokratie: Da kann man nicht einmal dafür sein, wenn es einem gerade passt, und einmal dagegen sein, wenn das Ergebnis vielleicht nicht so passen würde, denn jede Diktatur, Frau Kollegin Musiol, ist für direkte Demo­kratie und Meinungsumfragen, wenn sie sie selber manipulieren kann und wenn es


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