Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll181. Sitzung, 14., 15. und 16. November 2012 / Seite 116

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bei der Indexierung. 2011 hat es wieder eine Erhöhung der Gebühren im Grundbuch gegeben. Wir haben eine Dauerdebatte, wie hoch die Kopierkosten sein sollen.

All diese Erhöhungen führen dazu, dass am Ende die Bürgerinnen und Bürger mehr für die Gerichtsbarkeit zahlen, als sie an Leistung erbringt. Und mich wundert dieser Zugang, denn die ÖVP stellt sich sonst immer als Steuersenkungspartei dar. Aber in dem Punkt betreibt die ÖVP seit Jahren im Justizministerium Gebührentreiberei. – Das muss man so deutlich sagen!

Die Finanzministerin leistet nur einen sehr, sehr geringen Anteil zum Justizbudget. Der Großteil ist selbstfinanziert. Das ist problematisch. Mir wäre ein grundsätzlich steuer­finanziertes System lieber, natürlich schon mit Gebühren, aber eben nicht überwiegend über Gebühren, die sozial weniger treffsicher sind als Steuern.

Aber das Budget bietet noch etwas, was ich durchaus spannend und einladend finde: Das Budget bietet erstmals in allen Bereichen Wirkungsziele, und man kann dadurch auch – wie soll ich sagen? – das, was budgetär als Ziel ausgegeben wird, politisch debattieren. Sonst hat man Zahlen und kann das interpretieren, jetzt liegt es auf dem Tisch. Ich möchte über ein paar Wirkungsziele reden.

Da ist ein Wirkungsziel – ich lese es verkürzt vor aus Zeitgründen –: Weiterentwicklung des Rechtssystems im Hinblick auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürf­nisse. – Interessanterweise ist in diesem Wirkungsziel die Erarbeitung eines Entwurfs zur Obsorge enthalten. Unabhängig davon, ob ich jetzt dem Ergebnis zustimme, das wird noch dieses Jahr das Parlament passieren.

Das heißt, Sie haben eigentlich für nächstes Jahr Ressourcen frei, und ich wollte Ihnen ein anderes Thema ans Herz legen, nämlich das Thema Mietrecht. Sie wissen, das ist jetzt debattiert worden, und ich finde es schade, dass das, was es da an Ände­rungsvorschlägen gibt, vorschnell als „kommunistisch“ verblödelt wird. Mietkosten für eine vierköpfige Familie von teilweise über 1 000 € bei einem Durchschnittseinkommen von 2 000 € netto sind hochproblematisch. Das trifft vor allem junge Familien, und das trifft vor allem die Mittelschicht. Und da kann man nicht sagen, wenn man sich dafür einsetzt, dass sich junge Familien das Wohnen leisten können, sei das kommunistisch. Das ist verkürzt.

Frau Ministerin, da sind Sie dringend gefordert – Sie kennen die Eckdaten, Sie kennen die Steigerungen bei den Mieten –, etwas zu tun. Sie können nicht wegschauen. Das ist auch nicht der Ort, wo die ÖVP Klientelpolitik betreiben sollte, sondern es ist der Ort, wo die ÖVP Bürgernähe und Verantwortung übernehmen sollte.

Das zweite Wirkungsziel, das ich noch ansprechen möchte – die Zeit ist schon relativ vorgeschritten –, ist das Wirkungsziel Sicherstellung des Zugangs zu Leistungen der Gerichtsbarkeit durch Ausgleich von einkommensmäßig sozialen und sonstigen Be­nach­teiligungen. – Diesem Wirkungsziel stimme ich zu. Sie haben nur eine relevante Maßnahme vergessen, und diese relevante Maßnahme – wir haben es im Ausschuss diskutiert – ist der angemessene Kostenersatz bei Freisprüchen; das ist in unserer Republik ein rechtstaatlicher Missstand.

Sichtbar geworden ist das beim sogenannten Tierschützerprozess, wo ein Jahr lang oder mehr als ein Jahr lang die Beschuldigten in einem Verfahren waren, dann freigesprochen worden sind und einen Pauschalkostenersatz von 1 250 € bekommen haben. Also das ist rechtstaatlich ein unhaltbarer Zustand, aber nicht nur bei den Tierschützern, sondern auch bei allen anderen Betroffenen, die teilweise existenziell ruiniert sind, sowohl ArbeitnehmerInnen als auch UnternehmerInnen, die ihrem Beruf nicht nachgehen können und dann noch auf den Anwaltskosten der Verteidigung sitzenbleiben.

 


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