Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll181. Sitzung, 14., 15. und 16. November 2012 / Seite 145

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

Ausland so gelobten Gesellschaftsmodells, wäre auch ein Teil des Selbstver­ständ­nisses einer österreichischen Außenpolitik, also eine spezifische Rolle zu ent­wickeln, die uns sozusagen – das sage ich jetzt fast kokett – größer macht, als wir sind. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

 


15.50.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich höre dem Kollegen Cap immer sehr gerne zu, damit ich Argumente bekomme, auf die ich dann Bezug nehmen und auf ihn – in Gegnerschaft, in freundschaftlicher Gegnerschaft – replizieren kann. Heute gelingt mir das nicht, soll mir auch nicht gelingen, denn in weiten Teilen kann ich das wirklich unterstreichen, vor allem, wenn es darum geht, die eigenständige Rolle der österreichischen Außenpolitik herauszustreichen. Ich glaube, das ist von ganz beson­derer Bedeutung.

Österreich ist Mitglied der Europäischen Union, aber das bedeutet wohl nicht, dass wir immer hören und schauen sollen, was denn die anderen sagen und wo wir zustimmen können, um nur ja nicht mit einer Einzelmeinung alleine dazustehen. Ganz im Gegenteil: Ich glaube, dass außerhalb der Europäischen Union – und Kollege Cap hat es ja angesprochen – vor allem die arabischen Länder, aber zunehmend auch Länder in Afrika Österreich sehr gerne als Brücke zwischen diesen Regionen und Europa, der Europäischen Union wahrnehmen oder wahrnehmen würden.

Ich bin bekanntermaßen nicht so sehr der Meinung, dass unser Status oder ehemaliger Status der Neutralität uns hilft – der ist dort weitgehend unbekannt und auch bedeu­tungslos –, sondern es ist klar, dass wir keine globalen Interessen haben. Das ist interessant: dass wir ein kleines, unabhängiges Mitgliedsland der Europäischen Union sind, und in dieser Funktion – und das wäre auch ein bisschen identitätsstiftend, wenn man fragt, was denn der Bürger von dieser Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat – kann es auch unsere Rolle sein, eine Brücke zwischen verschiedenen Regionen, vor allem Krisenregionen, und Europa zu sein.

Nur: Dazu muss man natürlich auch eine eigene, manchmal auch mutige Linie entwickeln und manchmal auch die Stimme erheben, wenn einige Große in der Euro­päischen Union – Frankreich, Großbritannien und andere – ganz einfach versuchen, ihre oft globalen Ziele in die Europäische Union hineinzutragen und uns alle in Geiselhaft zu nehmen.

Wenn ich mir den Arabischen Frühling ansehe, dann wünschen wir uns alle, dass Diktaturen und Despoten verschwinden, dass überall in der Welt, wo es nur möglich ist, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einziehen, aber – und das ist das große Aber – man muss bei der Umsetzung dieser hehren Ziele dann schon auch in der Praxis schauen, ob es den Leuten nachher oder währenddessen besser geht als vorher. Und da habe ich meine Zweifel, ob die Umsetzung – nicht das Prinzip, dass man Diktaturen wegbringt, sondern die Frage der Umsetzung – immer die richtige gewesen ist.

Schauen wir uns etwa die derzeitige Situation im Irak an: Geht es den Menschen dort – nämlich tagtäglich – jetzt besser? Man kann schon sagen: Hurra, sie können jetzt wählen und es gibt keine Diktatur mehr! – Wunderbar, das ist gut! Aber sind die Lebensbedingungen der Menschen, ist die Sicherheit der Menschen jetzt wirklich besser als früher? – Zweifelhaft.

Ist in Libyen die Situation jetzt besser als früher? – Zweifelhaft.

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite