Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll181. Sitzung, 14., 15. und 16. November 2012 / Seite 332

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meinden. Und im Reformpool-Bereich, im dritten Arbeitskreis, werden nur 20 Prozent der verfügbaren Mittel für Reformen abgerufen, das andere wird in die Defizitab­deckungen hineingesteckt.

Da muss etwas geschehen. Sie sollten diese Reformpool-Projekte vielleicht steuern, vorschlagen, verschiedene Lösungsansätze verschiedener Länder evaluieren, schau­en, was die beste Lösung ist und diese dann in den Österreichischen Strukturplan Gesundheit aufnehmen. Da gibt es wahnsinnig viel zu tun.

Sie haben auch Schwierigkeiten mit dem Wissenschaftsressort. Ich verstehe das, auch ich habe sie. Es gibt eine große Rechtsunsicherheit in bioethischen Fragen in Öster­reich, eine weitgehende Uninformiertheit der Bevölkerung, und leider auch vieler Abgeordneter, muss ich sagen. Wir reden über PID, Präimplantationsdiagnostik, wir reden über Stammzellenforschung, Transplantationen, Klonen und so weiter; aber die Informationen, die von der Politik kommen, sind dünn und die Gelegenheit, sich fortzubilden, ebenso.

Wir versuchen jetzt, eine Enquete ins Leben zu rufen, oder endlich nächstes Jahr damit zu beginnen. Ich hoffe, dass da alle Parteien mittun, aber Sie sollten dafür sorgen, dass diese Europaratskonvention endlich unterzeichnet wird, weil dann viel mehr Rechtssicherheit da ist.

Wenn Sie sagen – und das ist ja ein großer Punkt im Gesundheitssystem –, Spitäler entlasten, dort aber Profilbildung und den niedergelassenen Bereich stärken, wird Ihnen aufgefallen sein, dass die Ärzte im niedergelassenen Bereich das nicht um Gotteslohn tun werden. Wenn man den niedergelassenen Bereich ausbaut – und der muss ausgebaut werden –, muss die Ausbildung zum praktischen Arzt, zur praktischen Ärztin verlängert und verbessert werden.

Jetzt weisen ja die praktischen Ärzte die Patienten den Fachärzten zu. Sie werden auch dann noch zuweisen, und ich finde es gut, wenn jemand sagt, ich verstehe nichts davon, oder ich kenne mich nicht aus. Es ist mir lieber, er weist den Patienten oder die Patientin ins Krankenhaus ein, als dass er da irgendetwas aus dem Ärmel beutelt und Risiken eingeht.

Das heißt, Lehrpraxen müssen finanziert werden. Dass Sie das nicht alleine machen können, das ist mir klar, aber auch die Kassen müssten an einer besseren Versorgung interessiert sein. Wenn man weiß, dass Kassenärzte nicht einmal 40 Prozent aus­machen, alles andere sind Wahlärzte, wo PatientInnen zur Kasse gebeten werden, dann ist das Versorgungsnetz nicht ganz so toll, wie man immer behauptet.

Außerdem wird bei den Berechnungen vergessen, Vollzeitäquivalente zu rechnen. Wenn manche ÄrztInnen oder PsychologInnen aus familiären Gründen, ihrer Kinder wegen, nur zwei Tage arbeiten und behandeln, dann kann man das nicht als Vollzeit­äquivalent rechnen, man kommt zu ganz anderen Dingen.

Zum Schluss noch etwas sehr Ärgerliches aus dem Innenministerium. Frau Ministerin Mikl-Leitner hat als Innenministerin, zuständig für innere Sicherheit und Polizei, hier verkündet, dass die Drogenersatztherapie überdacht werden muss. Drogen sollen nicht ersetzt, sondern eliminiert werden, also die volle Abstinenz. – Ich sage Ihnen völlig ideologiefrei, dass 99 Prozent aller ExpertInnen sagen: Die volle Abstinenz ist in der Mehrzahl der Fälle nicht erreichbar. Viele Therapeuten sind selig, zumindest aber zufrieden, wenn Süchtige von fünf Substanzen auf zwei oder drei kommen, wenn sie arbeitsfähig sind und so weiter.

Auch wenn Frau Mikl-Leitner damit keinen Doktor medicinae universae h.c. bekommen wird – ich glaube, diese Sache sollte sie dem Gesundheitsressort und den Experten überlassen. Und noch etwas: Dass die Zahl der Drogentoten durch die Ersatzdroge 


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