Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll181. Sitzung, 14., 15. und 16. November 2012 / Seite 368

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

Um mich hier nicht dem Vorwurf der Sozialdemokraten auszusetzen, wir hätten nichts Konstruktives oder nichts Positives anzumerken, möchte ich sagen, es gibt sehr viele Bereiche, wo wir mit den Ideen, die auch die Frau Bundesministerin hat, überein­stimmen. Ich denke an den Ausbau der Polytechnischen Schule, ich denke an Sonder­pädagogische Zentren, Sonderschule und Ähnliches und insbesondere auch an Verwaltungsreform. So, aber Sie werden mir verzeihen, geschätzte Mitglieder der Sozialdemokratie, dass ich nicht die Auszeichnung der Renner/Pernerstorfer/Adler-Medaille in Gold für Ministerhuldigung erwerben möchte, sondern dass ich sehr wohl einige kritische Momente hier anbringe.

An der Debatte der letzten Zeit fällt mir auf, insbesondere bei der Ganztagsbetreuung – die Frau Kollegin Mühlberghuber wird sich diesem Thema auch widmen –, dass hier die Lehrer irgendwie ausgeschaltet werden sollen, dass die Gewerkschaft hier nicht mitreden soll. Ist das jetzt ein Paradigmenwechsel in der Sozialdemokratie, dass die Meinungen von Gewerkschaften, Personalvertretungen, Betriebsräten auf einmal nicht mehr so wichtig sind? Weicht da etwas auf, und werden wir das dann auch bei den ÖBB oder sonst wo erleben? – Ich glaube nicht.

Ich möchte jetzt nicht einen Berufsstand generell in Schutz nehmen, es gibt Lehrkräfte und, wie in jeder anderen Berufsgruppe wahrscheinlich auch, „Lehrschwächlinge“. Das ist überall so, das wird es überall geben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Königsberger-Ludwig: ...! „Schwächling“ ist kein schönes Wort!) – Falls Sie es nicht wissen sollten: „Lehrkräfte und Lehrschwächlinge“ ist ein Zitat von Alois Brandstätter, aus dem Buch „Zu Lasten der Briefträger“. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Es geht um die Frage, wie man die Lehrer hört. Die OECD sagt ja, es wird viel Geld in das österreichische Bildungswesen hineingepumpt, aber es kommt sehr wenig im Klassenzimmer an. Da ist offensichtlich irgendwo ein Filter dazwischen. Der Filter wirkt aber, glaube ich, auch in die umgekehrte Richtung, denn es gibt in den Schulen sehr viele Lehrerinnen und Lehrer, die gute Ideen hätten, aber die kommen offensichtlich beim Filter der Hirnforscher, der Bildungswissenschaftler und sogar mancher Indus­trieller, die sich im Bildungsbereich breitmachen, nicht durch. Also dieser Austausch, finde ich, funktioniert nicht.

Aber noch etwas anderes für die Sozialdemokratie. Wir haben es beim Thema Arbeits­platzsituation in Österreich gehört, und die Freiheitliche Partei hat da auch Kritik geerntet vom Herrn Minister und aus seinen Reihen. Da gibt es eine Zeitung, die schreibt – der Kollege Schopf ist jetzt leider nicht da –: „Arbeitsplätze – die große Erfolgsstory“. Wir sind „spitze bei den Arbeitsplätzen“ und „sehr gut bei der Jugend­arbeitslosigkeit“, ist da zu lesen.

Stimmt das, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie? Ist das richtig? Ich habe das nämlich so aufgefasst, dass Sie der Meinung sind, dass wir da so super sind. Also eine Zeitung, die so etwas schreibt, meine Damen und Herren von der Sozial­demokratie, der kann man nicht misstrauen. Das Blöde ist nur, dass auf derselben Doppelseite, wo dieses Lob der Sozialdemokratie gesungen wird, in dieser Zeitung steht: „Bildungspolitik – das große Debakel“. Nachzulesen im „profil“ vom 12. Novem­ber 2012.

In diesem Artikel werden die PISA-Ergebnisse in Vergleich zu den Ergebnissen der GEM-Studie des Joanneums gestellt, bei der nicht nur so trockene Sachen wie bei PISA, sondern auch Kreativität und Unternehmergeist gemessen werden. Das Ergeb­nis ist, dass die Schüler, die beim PISA-Test gut abgeschnitten haben, nicht unbedingt in Sachen Unternehmergeist und Kreativität gut sein müssen. Oder es ist umgekehrt, oder man ist in beiden Bereichen gut. Nur: In Österreich sind wir in beiden Bereichen schlecht.

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite