Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 45

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Anrechenbarkeit auf bestimmte Berufssparten, klares Prinzip der Freiwilligkeit so wie in Deutschland? Kanzlerin Merkel hat gesagt, das System funktioniert hervorragend. Sie schwärmt eineinhalb Jahre nach Einführung dieses Freiwilligensystems davon, dass sie sich vor Bewerberinnen und Bewerbern nicht mehr retten können. Wenn Sie es mir schon nicht glauben, dann glauben Sie es zumindest Ihrer Parteikollegin in Deutsch­land, die in aller Deutlichkeit sagt: Wir waren selbst überrascht, wie gut sich der Bun­desfreiwilligendienst in Deutschland entwickelt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Aber, Herr Minister Darabos, eines möchte ich Sie schon fragen: Sie sind für die Ab­schaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Aber, bitte, wer in dieser Republik hat Ihnen diese völlig verquere Fragestellung eingeredet? Für die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und für die Einführung eines Berufsheeres – so lautet die Fragestellung. Diese Fragestellung ist wirklich ein Blödsinn.

Österreich hat – das wissen Sie – ein Berufsheer mit 21 000 Menschen, und es geht einzig und allein um die Frage, ob dieses Berufsheer weiterhin 24 000 junge Menschen jedes Jahr zur sogenannten Ausbildung – und dann schauen wir uns einmal an, wie diese Ausbildung ausschaut – erhält oder nicht.

Warum wurde nicht die einfache Frage gestellt: Für die Abschaffung der Wehpflicht – ja oder nein? Vielleicht können Sie das einmal beantworten. (Beifall bei den Grünen.)

Da brauchen Sie sich bitte auch nicht auf den Koalitionspartner auszureden. Sie sind der Verteidigungsminister. Hier geht es um eine Grundsatzfrage. Der Bevölkerung eine klare Frage vorzulegen, wäre eigentlich Ihre Aufgabe gewesen. – Das ist jedenfalls kei­ne klare Fragestellung.

Trotzdem rufen wir Grüne dazu auf, zur Volksbefragung zu gehen und auch tatsächlich für die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht zu stimmen. Unbedingt! Es geht um Tausende junge Menschen, für die es keinen Grund mehr gibt, dass sie Zwangsdienst mit der Waffe oder Zivildienst leisten müssen. Freiwillig können sie es nach wie vor tun. Es hat nichts mit der Beleidigung von jenen zu tun, die ehrenamtlich arbeiten, Herr Kol­lege Kopf, wenn man gegen die allgemeine Wehrpflicht ist.

17 europäische Staaten haben in den letzten zehn Jahren nacheinander die Wehr­pflicht abgeschafft. Nacheinander! Die Einzigen, die sie noch haben, sind Randstaaten: Estland, Finnland, Griechenland, Zypern. Diese haben eine andere geopolitische Situa­tion. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Österreich liegt im Herzen von Europa, umgeben von NATO-Staaten, umgeben von EU-Staaten. Was ist die Begründung dafür, dass man im 21. Jahrhundert Jugendliche weiterhin in einen Zwangsdienst schickt? Sagen Sie mir ein einziges Argument dafür – und kommen Sie mir nicht mit dem Zivildienst! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen wir uns einmal an, was daran jetzt noch so erhaltenswert ist. Im Moment die­nen 1 769 Rekruten als Kellner, 815 leisten ihren Dienst als Köche, 531 als Feldkoch­gehilfen. Alleine in Zeltweg sitzen 400 junge Leute ausschließlich als sogenannte Sys­temerhalter auf einem Flughafen. Ich frage mich, ist das sinnvoll? (Abg. Amon: Ja, es ist sinnvoll!) Ich sage ganz klar: Nein, das ist nicht sinnvoll. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Amon: Natürlich!) Junge Leute haben etwas Wichtigeres zu tun, als Sys­temerhalter bei einem Bundesheer zu sein, das man in dieser Form nicht mehr braucht. Was ist daran sinnvoll? (Abg. Amon: Man merkt, Sie haben keine Ahnung da­von!)

Ich habe zwei Söhne. (Abg. Amon: Ich auch, meiner dient gerade!) Und ich sage Ih­nen eines: Im 21. Jahrhundert möchte ich, dass sie sich freiwillig für einen Dienst an der Gesellschaft entscheiden, freiwillig ein soziales oder ökologisches Jahr machen,


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