Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll193. Sitzung / Seite 161

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16.35.10

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Als die Nachrichten gekommen sind, was in Zypern passiert, habe ich mich gefragt: Wie gibt es so etwas? Wie ist es möglich, dass man sehenden Auges etwas tut, wovor sich Wirtschaftsexperten, Bankexperten in praktisch jedem Land fürchten? Man fürchtet sich davor, dass ein System zusammenbricht, das nur auf einer Basis aufgebaut ist, nämlich Vertrauen.

Das Bankensystem ist ein Vertrauenssystem. Und in diesem System funktioniert nichts ohne Vertrauen. Und wenn man sich die Geschichte anschaut und 800 Jahre Finanz­katastrophen Revue passieren lässt, dann sieht man, dass immer dann die Banken und auch die Staaten und viele andere Dinge gescheitert sind, wenn das Vertrauen weg war.

Jetzt habe ich mich gefragt, wie kann jemand sehenden Auges etwas zerstören kann, das sehr, sehr fragil ist und das auch 2008 bei uns zu einigen Auswüchsen geführt hat, nämlich das Vertrauen der Sparer, dass sie ihr Geld jederzeit zurückbekommen – und das nicht mit Abschlag, sondern zu 100 Prozent und mit viel Glück auch noch mit Zinsen.

Das ist dieses Urvertrauen. Das Urvertrauen, das die Sparer den Banken gegenüber haben, und das ist auch notwendig. Es wissen ja gar nicht alle, dass das Geld, das man auf die Bank bringt, gar nicht mehr da ist. Das wird im gleichen Moment an Kreditnehmer, an Investoren, an wen auch immer vergeben. Und was die Bank hat, ist eine ganz kleine Reserve, und die ist mitunter nur 1 oder 2 Prozent groß. Ich weiß, dass die Eigenkapitalvorschriften da mehr, 7 oder 8 Prozent, vorschreiben, je nach­dem, sogar 10 Prozent waren schon im Gespräch. Nur sind das nicht direkt verfügbare finanzielle Mittel.

Das heißt, sobald 2 oder 3 Prozent der Sparer auf die Bank gehen und einmal schauen wollen, ob ihr Geld überhaupt noch da ist, ist jede Bank pleite, außer irgendjemand springt ein, irgendjemand gibt Geld; so wie es in der Vergangenheit immer wieder passiert ist. Und genau das ist jetzt das Problem, das wir in Zypern haben.

Heute hat Herr Rossmann gefragt, was denn passieren wird, wenn die Banken heute oder morgen oder irgendwann wieder aufsperren. Ich bin kein Hellseher, aber ich kann Ihnen sagen, was passieren wird: Jeder, der dort Geld hat, wird versuchen, es abzuheben – jeder. Oder was würden Sie machen, wenn Sie Ihr Geld auf die Bank bringen, in der Hoffnung, dass Sie Zinsen bekommen, und dann 10 Prozent Abschlag erleben? Glauben Sie, dass Sie dieser Bank das Geld lassen würden? Würden Sie das Geld auf der Bank lassen, in der Hoffnung oder sozusagen in der Angst, dass nochmal 10 Prozent runtergestrichen werden? Das weiß ja niemand. Wenn einmal dieser Tabubruch passiert ist, weiß keiner, was passiert.

Und genau jetzt sind wir in Österreich. Letztlich hatten wir auch in Österreich einmal die Diskussion: Ist das Geld auf unseren Banken sicher? Da geht es um Vertrauen. Und dieses Vertrauen ist jetzt ein großes Stück weit verspielt, auch in Österreich. Die Menschen machen sich Sorgen. Sie machen sich Sorgen, weil man anscheinend überhaupt keinen Genierer hat, etwas zu tun, was man nicht tun sollte, nämlich dieses Vertrauensverhältnis zwischen Sparer und Bank zu erschüttern. Und das hat man gemacht.

Jetzt frage ich mich: Warum hat man das gemacht? – Aus meiner Sicht gibt es da nur einen Grund, denn man hätte ja diese Banken dort Pleite gehen lassen können. Es werden viele sagen, da hätten die Sparer ja auch gezahlt. – Nein, eben nicht, denn wir kennen die Regeln, dass zuerst die nachrangigen Verbindlichkeiten aufgelöst werden. Das heißt, all jene, die der Bank Geld gegeben haben, zum Beispiel Anleihen und


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