Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll200. Sitzung / Seite 59

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Eine Gesundheitsreform ist ja wesentlich schwieriger als eine Pensionsreform, denn bei einer Pensionsreform muss man Einzahlungen Auszahlungen gegenüberstellen – grob vereinfacht gesagt –, aber bei der Gesundheitsreform müssen Sie einmal Fol­gendes berücksichtigen: Alle, die wir hier sitzen, werden einmal sterben (Abg. Mag. Gaßner: Sicher!) – alle! –, aber wir wissen nicht wann, wo, wie. (Zwischenruf des Abg. Pendl.) Das ist für einen Gesundheitspolitiker sehr schwer, weil jede Maßnahme, die Sie heute setzen, dauert zirka fünf, wenn nicht sogar zehn Jahre.

Zweitens: Sie müssen versuchen, ein hohes Niveau für alle zu gewährleisten. Das ist weltweit ein Riesenproblem.

Drittens: Sie haben etwa 400 000 Beschäftigte – jeder Zehnte –; das heißt, Sie müssen diese Riesenmenge, die am Patienten tätig ist, irgendwie rechtlich absichern und auch koordinieren.

Und viertens: Sie dürfen die Kosten nicht vergessen. Zirka 10, 11 Prozent des BIP gehen in der westlichen Welt ins Gesundheitswesen.

Der wesentliche Punkt dieser Reform ist, dass man versucht, diese gläserne Mauer zwischen Spital und draußen, zwischen Ländern und Sozialversicherung einzureißen.

Das ist natürlich ein Kompromiss. Das ist eine Kommission, und Kommissionen haftet immer der Geruch an, dass sie letztendlich in einer Kommissionitis versanden. Ich sage aber, es ist eine Chance, eine Chance, die aber nur dann ergriffen werden wird, wenn man einen gewissen Mut hat, und zwar Mut bei allen Beteiligten – bei Bund, Ländern und Sozialversicherung –, wenn man auch Erfahrung einbringt und wenn man auch Herz einbringt. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Die Zeit der Ausreden, wo jeder auf den anderen gedeutet hat, ist vorbei. – Das ist einmal ein wesentlicher Punkt. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Das Ziel so einer Reform muss natürlich eine gute Versorgung zwischen Stadt/Land sein. Wenn ich zum Beispiel in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ lese, dass man in Linz zwölf Wochen auf einen Psychiater wartet, ist das ein bisschen lang, würde ich sagen. In der Zeit werden viele Patienten entweder von selbst krank, oder ich weiß nicht. Aber auch im berühmten Wien – ich habe mich erkundigt –: Es ist für mich als Hausarzt oft gar nicht möglich, einen Kernspintomographie-Termin unter vier Wochen zu kriegen. Was mache ich mit dem Patienten in der Zeit? – Also da gibt es schon vieles, was zu verbessern wäre.

Wichtig ist meiner Meinung nach Folgendes: Wenn man kein Ziel hat, galoppiert man irgendwo hin. Ziele wären zum Beispiel, dass man die Zahl der Diabetesschäden um 20 Prozent reduziert, die Zahl der Herzinfarkte und Krebstoten um 20 Prozent reduziert, die entsetzlich hohe Zahl der Selbstmorde reduziert – durch Selbstmord sterben mehr als doppelt so viele wie im Straßenverkehr.

Ein drittes Ziel wäre, dass man die Prävention verbessert: Der Patient soll gar nicht krank werden.

Und viertens – das betone ich auch! –: Ein Einsparziel kann dann zustande kommen – auch ohne Einschränkung! –, wenn man den Spitalssektor reduziert und den niedergelassenen Sektor ausbaut, insbesondere den Hausarzt, der der Lotse vor allem für die Älteren und für die chronisch Kranken sein soll.

Aber, Herr Minister, nur wer ein Herz hat, sollte Gesundheitspolitik machen, und wer ein Herz hat, sollte auch hinschauen. Es nützt uns nichts, wenn wir bei der Schlag­anfallversorgung Weltspitze sind, bei der Herzinfarktversorgung Weltspitze sind, wenn wir eklatante Lücken haben, wenn die Kinderhospizbewegung betteln muss (Abg. Ursula Haubner: Das ist auch ein Ziel!), dass Kinder zum letzten Mal auf einem Pferd


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