Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll200. Sitzung / Seite 111

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13.42.11

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Höllerer, immerhin muss ich Ihnen eine gewisse Kreativität zubilligen, was die Begründung anlangt. (Beifall bei Grünen und FPÖ.) Wenn Ihnen jetzt die Anträge der Opposition zu wenig weit gehen und Sie noch viel, viel mehr möchten, dann kann ich nur sagen: Gerne! Wir sind selbstverständlich an Ihrer Seite, wenn Sie einen ent­sprechenden erweiterten Antrag einbringen. Kollege Pirklhuber wird Ihnen das noch im Detail erläutern.

Ich gratuliere Ihnen übrigens auch zur tollen Leseleistung, was den Abänderungs­antrag anlangt. Das war top, und man kann wahrlich nicht sagen, dass von den Schwierigkeiten in Sachen Lesekompetenz alle Österreicherinnen und Österreicher betroffen wären. Sie nicht. Das war beeindruckend. (Abg. Grosz: Das Schulsystem funktioniert ja!)

Ich möchte aber zu einem anderen Thema sprechen, nämlich zum Antrag der Kollegin Haubner zur Reform des Schulärzte-/Schulärztinnensystems und der Schulpsycho­logie. Auch bei diesem Antrag würden wir Ihnen gerne zur Seite stehen, falls er Ihnen ebenfalls nicht weit genug gehen sollte, Frau Kollegin Höllerer, und es würde mich schon interessieren, was aus Sicht der Regierungsparteien denn wirklich die Einwände sind. Frau Kollegin Haubner stützt sich auf den Rechnungshofbericht, versucht, diesen Rechnungshofbericht umzusetzen, übernimmt also eigentlich die Arbeit der Regie­rung – ich nehme an, liebe Ursula, ohne Bezahlung (Abg. Grosz: Honorarfrei!) –, und das wäre demnach nur noch umzusetzen.

Die Not in den Schulen diesbezüglich ist, glaube ich, bekannt. Ich habe mir ein paar Zahlen herausgesucht. Es gibt in Österreich 77 schulpsychologische Beratungsstellen. Insgesamt beschäftigen wir in Österreich laut aktueller Zahl der Frau Ministerin – nachlesbar auf der Homepage des Ministeriums – 140 Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Kennen Sie das Verhältnis von einer Schulpsychologin/einem Schul­psychologen zu den Schülerinnen und Schülern? 1 : 8 200!

Gestern haben wir hier im Hohen Haus einen 5-Stufen-Plan beschlossen, wie wir mit den Schulschwänzern umgehen. Stufe II dieses Planes enthält die Einbindung der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Also entweder gehen Sie von einer sehr, sehr geringen Zahl von Schulschwänzern in Österreich aus, oder Sie nehmen das Gesetz, das wir gestern beschlossen haben, selbst nicht ganz ernst. Die Schul­psychologinnen und Schulpsychologen sind in Österreich nämlich über alle Maßen belastet, und die Arbeit ist in einem Ausmaß nicht mehr zu bewältigen, von dem wir uns gar keine Vorstellung machen.

Auch hier vielleicht eine konkrete Zahl aus meinem Heimatbundesland Vorarlberg: Nach den letzten mir zur Verfügung stehenden Zahlen – sie dürften nicht ganz aktuell sein, aber es sind die letzten veröffentlichten Zahlen – beträgt die durchschnittliche Wartezeit in der schulpsychologischen Beratungsstelle in Bregenz aktuell 57,6 Tage.

Überlegen Sie sich einmal, was geschieht, wenn Sie das gestern beschlossene Gesetz heranziehen! Ab Mai muss eine Schule bei Schulschwänzern auf Stufe II des 5-Stufen-Plans der Regierung die Schulpsychologie zu Rate ziehen. Die Wartezeit beträgt aber schon jetzt, bevor das Gesetz in Kraft getreten ist, 57,6 Tage! Also wer da von praktikablen Zuständen spricht, weiß nicht, wovon er spricht.

In Finnland beträgt das Verhältnis 1 : 800. Das bedeutet, eine Schule in der Größen­ordnung meiner Schule beispielsweise, mit über 900 Schülerinnen und Schülern, hätte eine eigene Schulpsychologin oder einen eigenen Schulpsychologen. Das sind Verhältnisse, unter denen man sehr gut arbeiten kann. In Sachen Schulärzte ist die Situation ähnlich. Natürlich müssen wir diesem Wirrwarr im Verwaltungssystem Einhalt


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