Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll206. Sitzung / Seite 105

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hingewiesen, woran es bei diesem Gesetz hapert, damit wir als Opposition mitstimmen können.

Ich beglückwünsche Sie zu Ihrem Mut, dieses Gesetz als „Systemwechsel“ zu bezeichnen, als „revolutionär“, „historisch“, als „Jahrhundertgesetz“ – ich weiß nicht, welche Ausdrücke hier noch verwendet worden sind. Das ist mutig, denn die Betroffenen sehen das sehr, sehr deutlich anders. (Abg. Elmar Mayer: Sie wären ja Historiker!) Es tut mir leid, Sie reden an den Fakten vorbei. Ich möchte das nicht alles in Bausch und Bogen verdammen, es gibt gewisse Ansätze, die wir begrüßen, etwa die stärkere Betonung der Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen. Aber im Großen und Ganzen ist das, was wir hier sehen, eine riesige Chance, die verpasst wurde.

Sie reagieren mit diesem Gesetz nicht im entsprechenden Ausmaß auf jene gesell­schaftlichen Veränderungen, die in den letzten Jahrzehnten stattgefunden haben, wie die verstärkte Mobilität, der Bedarf der Wirtschaft nach sehr flexiblen Arbeitskräften, nach Menschen, die vernetzt denken können, die im Team arbeiten können, oder auf die Tatsache, dass sich Menschen mit Behinderungen nicht nur verstärkt einbringen wollen, sondern das zum Glück auch tun und ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in die eigene Hand nehmen.

Sie berücksichtigen auch nicht, dass sich die Wissensgesellschaft massiv verändert hat. Das Internet hat ja bekanntlich nicht nur Segen, sondern auch sehr viele Probleme in unsere Gesellschaft gebracht. Auf die Schule heruntergebrochen bedeutet das, Kinder können nicht mehr stur nach einem althergebrachten Fächerprinzip unterrichtet werden. Wenn wir Jugendliche wollen, die vernetzt denken, dann müssen wir in der Schule auch darauf Bezug nehmen und wir müssen auch in der Ausbildung der Lehrkräfte darauf Bezug nehmen. Lehrer sind nicht mehr nur die klassischen Vermittler von Wissen, sondern sie sind verstärkt in der Rolle von Coachs, von Menschen, die helfen, die Orientierung geben, die quasi den Wegweiser aufstellen in Richtung moderne Wissensgesellschaft. Und da fehlt nun wahrlich einiges.

Schauen Sie sich an, was Experten, was ErziehungswissenschafterInnen dazu gesagt haben. Ich empfehle Ihnen den Artikel von Karl Heinz Gruber im „Standard“ vor einer Woche. Schauen Sie sich das an, das sind die Kritikpunkte, die auch wir im Großen und Ganzen haben: unser Schulsystem, das, was hier zementiert wird, diese Trennung von Kindern mit neuneinhalb Jahren, diese Trennung in Pflichtschule und höhere Schule, die international inzwischen schon fast einzigartig ist, wenn man von Deutsch­land einmal absieht. Natürlich weiß ich, dass die Hauptschuld dafür bei der ÖVP liegt, aber es fehlt die klare sozialdemokratische Handschrift, die wir da gerne gesehen hätten.

Ihre Antworten: Neue Mittelschule, weiterhin ein Dualismus zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten, weiterhin keine Einbeziehung der Kindergarten­päda­gogInnen in diese Ausbildung, weiterhin keine klar definierte Sekundarstufe-I-Leh­rerIn­nen. All das sind ganz erhebliche Mängel, und es ist ein Bruch jener Versprechungen – ich könnte Ihnen hier eine ganze Reihe von Zitaten bringen –, die gerade von sozialdemokratischer Seite von Anfang an gemacht worden sind.

Wir haben dieses Nebeneinander von Hauptschule neu und Mittelschule. (Abg. Elmar Mayer: Welche?) Wenn Sie mich fragen, „Wie?“: Sie sind in der Regierung! (Abg. Elmar Mayer: Welche, nicht wie!) Wir haben uns angeboten, das BZÖ hätte bei dieser grundlegenden Schulreform auch mitgemacht, und die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen würden auch mitmachen. Es fehlt am politischen Willen für diese Auseinan­der­setzung, für diese Maßnahmen, und der müsste von Ihrer Seite her kommen. Vor


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