Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 108

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ses Unrecht, das den Sudetendeutschen angetan worden ist, wieder möglichst repa­riert wird.

Ganz wegbringen kann man das nicht. Tote kann man nicht wiedererwecken, und viel Schmerz und Leid, das angerichtet worden ist, kann man nicht einfach so wegwischen. Aber man kann versuchen, einer Lösung entgegenzuschauen, man kann versuchen, den Menschen die Hände zu reichen. Das fängt nun einmal damit an, dass der Verlust von Grund und Boden abgegolten wird. – Meine Familie ist selbst betroffen. Meine Großmutter stammt aus Deutsch-Rumänien, aus der Bukowina, dem Buchenland. Wir hatten dort Grundbesitz. Sie wurden im Zweiten Weltkrieg durch die Russen vertrieben. Mein Großvater wurde ermordet – er war Polizist, so wie ich –, die Großmutter ist mit zwei Kindern über Russland und Deutschland nach Österreich geflüchtet und dann im Bregenzer Wald ansässig geworden.

Ich weiß, dass wir dort unten selbst Grundbesitz gehabt hätten. Wir haben bis heute nichts zurückbekommen, aber dort hat man sich zumindest bemüht, eine Ablöse für meine Großmutter zu finden, damit sie wenigstens eine finanzielle Abgeltung für das erlittene Leid beziehungsweise als Ersatz für die Grundstücke bekommt. Sie ist mitt­lerweile verstorben, somit ist es also sinnlos, hier weiter vorzugehen.

Aber es geht darum, dass durch Tschechien zumindest ein Zeichen gesetzt wird. Das kann man im diplomatischen Bereich beziehungsweise in bilateralen Gesprächen sehr wohl erwirken. Herr Staatssekretär, das möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben: Ver­gessen Sie unsere Sudetendeutschen nicht! Sie haben sehr, sehr viel erleiden müs­sen, sehr viel mitmachen müssen, ihnen ist sehr viel Unrecht angetan worden. Also re­parieren Sie das, bitte! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Kirchgatterer. 3 Minuten. – Bitte.

 


13.59.25

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die SPÖ war seit 1945 immer solidarisch mit den vertriebenen MitbürgerInnen und hat sich für die berechtigten Anliegen eingesetzt, weil sie Teil der Menschenrechtspolitik sind. Hervorheben möchte ich die Leistungen der Heimatvertriebenen im österreichischen Wiederaufbau, die Nachbarschaftshilfe in den Betrieben oder als Selbstständige. Viele Heimatvertriebene haben ihre Heimat, ihre politische Heimat in der SPÖ gefunden. Beides habe ich persönlich erlebt, und ich möchte meine hohe Wertschätzung und Anerkennung dafür aussprechen.

Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sind stolz – zu Recht stolz – auf unse­re Geschichte, auch und gerade auf unsere starken Wurzeln im Sudetengebiet. Elf von zwölf der ersten sozialdemokratischen Abgeordneten hier im österreichischen Parla­ment, im österreichischen Reichsrat 1896 kamen aus den damals deutschsprachigen Gebieten Böhmens und Mährens.

Ich erinnere aber auch an die Sudetendeutschen, die 1938, weil sie Sozialdemokraten waren, von den Nazi-Faschisten unterdrückt und ermordet wurden.

Zu den Beneš-Dekreten haben wir, die SPÖ, immer ganz klar Stellung genommen. Die Vertreibung deutschsprachiger Volksgruppen aus den Gebieten, die ihnen jahrhunder­telang Heimat waren, war schweres Unrecht. Die Bedingungen der Vertreibung hatten schwere Menschenrechtsverletzungen zur Folge. Von unrealistischen, gar chauvinisti­schen Haltungen grenzen wir uns ab. Langsam, aber doch ist in der tschechischen Ge­sellschaft in dieser Frage ein Umbruch in die richtige Richtung zu erkennen. Tsche-


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