Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 156

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16.27.35

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Staatszielbestimmung – ich werde ein bisschen die Diskussion vorwegnehmen, die jetzt hier vom Rednerpult aus stattfinden wird –: Eine Staatszielbestimmung ist etwas anderes als eine einfach­gesetzliche Umsetzung verschiedenster Regelungen (Abg. Mag. Brunner: Genau!), die man im Detail treffen kann.

Im Ausschuss sind dann Worte gefallen wie, man müsste eine klagbare Staatszielbe­stimmung machen. – Die Verfassung hat keine klagsfähigen Bestimmungen. Die Ver­fassung beinhaltet übergeordnete Regelungen, aus denen einfachgesetzliche Bestim­mungen abgeleitet werden, die dann klagbar sind. Das heißt, man geht da an dem Thema etwas vorbei, Frau Kollegin, wenn man behauptet, man müsste eine klagbare Bestimmung in die Verfassung aufnehmen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Das ist nach unserer Verfassung unmöglich, weil sie das nicht vorsieht!

Daher muss man dann sagen, okay, die einfachgesetzliche Bestimmung führt das wei­ter aus – und das tut sie auch im Tierschutz. Ich beziehe mich gerade auf den Tier­schutz, das ist ein uneingeschränktes Bekenntnis zum Tierschutz! (Beifall bei der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Pendl.)

Sie haben auch behauptet, dass es hier zu einer Über- und Unterordnung von Staats­zielbestimmungen kommt, aber das gibt es in unserer Verfassung nicht! Es gibt keine übergeordneten Staatszielbestimmungen und keine untergeordneten Staatszielbestim­mungen. Die Staatszielbestimmungen stehen gleichberechtigt nebeneinander, und sollten sie in Widerspruch geraten, hat der Verfassungsgerichtshof die Aufgabe, eine einfachgesetzliche Bestimmung nach diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen zu bewerten, ob sie verfassungsrechtlich zustande gekommen ist, inhaltlich vertretbar ist oder nicht. Und daher gibt es keine Unterordnung unter die Forschung und keine Über­ordnung der Forschung, keine Unterordnung unter die nachhaltige Landwirtschaft, son­dern eine gleichberechtigte Staatszielbestimmung, die genauso viel oder wenig wert ist wie die anderen Staatszielbestimmungen.

Die einfachgesetzliche Ausfertigung, das jeweilige Ausführungsgesetz, ist dann ein­klagbar und auch verwertbar. Sollte das zu wenig sein, kann man zum Verfassungsge­richtshof gehen und sagen, die Staatszielbestimmung findet nicht den entsprechenden Niederschlag, und dann könnte der Verfassungsgerichtshof einschreiten.

Aber jedes Gesetz – jedes Gesetz! – ist dieser Staatszielbestimmung unterworfen. Es ist bei seiner Anwendung und Anfechtung auch dieser Staatszielbestimmung plus de­ren Erläuterungen und Interpretation durch den Verfassungsgerichtshof unterworfen. Das heißt, uneingeschränkter Tierschutz steht parallel neben der Forschung und ande­rem, zu dem wir uns bekennen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Es liegt in der Abwägung des einzelnen Gesetzes, wie sie letztendlich zueinander wirken.

Ich kenne diese Diskussion von anderen Staatszielbestimmungen. Wir haben das auch bei den Kinderrechten gehabt, und das funktioniert mit der Ausfertigung der Kinder­rechte ganz gut. Damals wollte man 24 Seiten, nämlich die UNO-Resolution, in die Verfassung schreiben.

Liebe Damen und Herren! Die Verfassung ist kein Lesebuch! Die Verfassung hat Grundsätze zu formulieren – und das macht sie! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bravoruf des Abg. Pendl.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brun­ner. – Bitte.

 


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