Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll219. Sitzung / Seite 71

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die angebliche Partei der kleinen Leute und der Schwerarbeiter. Danke schön, damit haben Sie sich disqualifiziert! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stumm­voll. – Bitte.

 


13.48.18

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Wenn man mit 37 Jahren ins Parlament einzieht und es mit 70 Jahren verlässt, dann heißt das nach Adam Riese, man hat fast sein halbes Leben lang ein Mandat im Parlament inne­gehabt, an Jahren des Arbeitslebens gemessen sind es sogar zwei Drittel. Ich muss ehrlich sagen, da hat man schon eine gewisse Gelassenheit und kann durch eine Dringliche Anfrage wie diese heute eigentlich nicht erschüttert werden, wenn sie auch ein Bauchladen voll von Vorwürfen gegenüber der Regierung, von Schlechtmacherei ist. Ich bin aber überrascht, wie stark die Diskrepanz zur Realität ist, meine Damen und Herren!

Welches Land wird hier beschrieben? – Wir, Österreich, ein blühendes Land im Herzen Europas, zweitreichstes Land der Europäischen Union (Rufe bei der FPÖ: Der Leitl sagt, Österreich ist „abgesandelt“!), geringste Arbeitslosenrate, eine ganz tolle Einkommensverteilung, unter den Top drei weltweit, was Lebensqualität und medizi­nische Versorgung betrifft, meine Damen und Herren?! (Neuerliche Rufe bei der FPÖ: Der Leitl sagt, wir sind „abgesandelt“!) Seien wir doch stolz auf dieses Land! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich habe in den letzten 33 Jahren erlebt, welchen Aufschwung dieses Land genommen hat, ich habe den wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, Herr Kollege. Vor 30 Jahren eine Exportquote von 30 Prozent – heute eine von 60 Prozent, meine Damen und Herren. Viele Länder beneiden uns um diese politische Kultur, die wir haben. (Abg. Ing. Hofer: Sagen Sie das dem Herrn Leitl!)

Was mich stört, sind drei Punkte, meine Damen und Herren! Die Politik – und ich bin froh, dass Frau Kollegin Glawischnig gerade in den Saal kommt – schadet sich selbst in hohem Ausmaß. Was sich in den letzten Wochen und Monaten ereignet hat, auch im Wahlkampf, ist eine Selbstbeschädigung der Politik, wenn zum Beispiel eine Fraktion dieses Hauses vor den Wahlen mit ihren Plakaten die Botschaft versendet, alle Politiker sind belämmert, nur wir sind ein bisschen weniger belämmert. – Frau Kollegin, es steht Ihnen frei, ob Sie sich als belämmert bezeichnen, aber beschmutzen Sie nicht die ganze Politik! Das ist eine politische Selbstbeschädigung, Frau Kollegin! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie verbreiten Lügen auf den Plakaten!)

Der zweite Trend – und ich hoffe sehr, dass das Parlament in der neuen Zusammen­setzung standhaft bleibt – ist ein gewisses ängstliches In-die-Knie-Gehen vor dem Boulevard.

Meine Damen und Herren! Thema heute ist direkte Demokratie. Ich bin ein großer Freund auch der direkten Demokratie, nur müssen wir sehr, sehr achtgeben, dass die direkte Demokratie nicht zu einer Boulevard-Demokratie wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Die Warnrufe vom Bundespräsidenten, vom Verfassungsgerichtshof sind für mich wirklich ernst zu nehmen. Es ist ein schmaler Grat von der direkten Demokratie zur Boulevard-Demokratie.

Ein Drittes, das mich seit Jahren stört: der Trend zum hauptberuflichen Mandatar. Dies war nie mein ordnungspolitisches Bild, meine Damen und Herren. Dieses ständige


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