Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 121

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auch – kulturelle Kompetenzen, wirtschaftliche Kompetenzen, persönliche Kompeten­zen, die wichtig sind. Wenn ich nicht gut lesen kann, dann kann ich am gesellschaftli­chen Leben nicht so teilnehmen, wie ich es als mündiger Bürger tun sollte – ganz ab­gesehen von dem Dilemma, in das ich stürze, wenn ich mit schlechter Lesefähigkeit in Berufe gehe, wo ich Texte bewältigen muss.

Es ist ganz klar: Diese Kompetenzen haben ihre Bedeutung, und deswegen ist auch das Testen dieser Kompetenzen von Wichtigkeit. Und es ist wichtig, zu wissen, wo hier zum Beispiel österreichische Schülerinnen und Schüler stehen.

Aus dieser Abwägung und aus dem Phänomen, dass wir jetzt dazu neigen, plötzlich alle Überprüfungen und alle Testungen zu hinterfragen und teilweise über Bord zu werfen – wir beginnen jetzt, die Ziffernnoten infrage zu stellen; es gibt eine Diskussion über die Matura, von den aktuellen Anlässen abgesehen –, verdichtet sich irgendwie der Eindruck, dass wir zu einer Test-, Prüfungs- und Leistungsfeststellungsfeindlichkeit gelangen. Und davor muss man schon warnen!

Deswegen würde ich die Frau Ministra bitten, alles zu tun, was möglich ist, dass man nicht hier mit dieser Radikalmaßnahme auf dieses eine technische Problem reagiert und dass man doch noch versucht, wo immer es geht, die wichtigen Tests, die wir für die Information über die Kenntnisstände unserer Schüler und über die internationalen Standards brauchen, zu machen, um diese Informationen doch zu bekommen. Ich bitte Sie, Frau Ministra, hier das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Mlinar.)

14.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.58.02

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Kollege Brosz von den Grünen hat die Motivsuche für die Absage des PISA-Tests sehr schön formuliert, wir kommen zum selben Ergebnis, aber als Tiroler würde ich das ein bisschen deutli­cher formulieren: Die Absage des PISA-Tests aufgrund des Datenlecks ist nichts ande­res als eine billige Ausrede! Die Frau Minister will sich die Blamage ersparen (Bun­desministerin Heinisch-Hosek: Es geht doch nicht um mich!), es der Bevölkerung zu erklären, wenn diese Tests negativ ausfallen. Das ist meiner Ansicht nach der einzige Grund! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich einen Ratgeber schreiben würde, wie man ein Bildungssystem nachhaltig rui­niert, würde ich mir einen Ghostwriter von den Sozialdemokraten holen. Die haben seit den siebziger Jahren das Bildungssystem in Österreich wirklich nachhaltig ruiniert. Für mich nach wie vor erschreckend ist, dass, wie die Zahlen belegen, 25 Prozent aller Pflichtschulabsolventen, wie wir wissen, nicht sinnerfassend lesen, rechnen und schrei­ben können. Das sind für mich Dinge, die zwei Ebenen haben: eine persönliche Tragik für diese Personen, aber auch einen volkswirtschaftlichen Schaden. Und gerade Sie von der ÖVP sollten wissen, welche Probleme die Wirtschaft zurzeit und schon seit ei­nigen Jahren hat, Lehrlinge zu finden, die sie auch einsetzen kann. Das wissen die Leu-
te in der Wirtschaftskammer ganz genau. Das ist nichts Erfundenes, sondern dieses Pro­
blem haben wir.

Es gibt immer weniger Lehrlinge, die man wirklich in der Wirtschaft einsetzen kann. Die Wirtschaft sucht verzweifelt Absolventen von Pflichtschulen, kann diese Leute aber kaum noch als Lehrling anstellen: Und das ist meiner Meinung nach ein Riesenpro­blem!

Man muss sich das vorstellen: Man übergibt ein Kind dem Staat, neun Jahre lang, jede Woche, jeden Tag – bis auf die Ferien –, und nach neun Jahren kann ein Viertel der Kin-


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