Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 153

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

16.12.48

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ho­hes Haus! Kaum etwas ist schwerer zu legitimieren als militärische Landesverteidigung nach einer langen Friedensperiode. Das war immer so in der Geschichte. Je länger wir Frieden hatten, desto mehr haben wir uns daran gewöhnt und desto überflüssiger ist uns militärische Landesverteidigung vorgekommen.

Die lange Friedensperiode, die wir in Europa erleben, sollte uns demütig und dankbar machen. Selten gab es eine derart lange Friedensperiode wie jetzt. Immer dann, wenn es so etwas so lange gegeben hat, hat man gedacht: Das brauchen wir einfach nicht! Das ist so ähnlich wie mit der Feuerwehr. Man denkt: Wenn ich kein Feuer sehe, dann brauche ich keine Feuerwehr. – Das ist ein Kurzschluss, meine Damen und Herren!

Im Jahre 1792 hat ganz Europa gedacht: Was brauchen wir noch eine Armee? Schaut euch die Franzosen an, die sind mit ihrer Revolution selbst beschäftigt! Uns wird nichts passieren! – Und ein paar Jahre später hat die französische Armee ganz Europa über­zogen. Es war immer in der Geschichte falsch, meine Damen und Herren, wenn man die militärische Landesverteidigung vernachlässigt hat! (Beifall beim Team Stronach.)

Die heutige budgetäre Situation des Bundesheers ist sicherlich dramatisch. Das Bun­desheer ist nie in Geld geschwommen. Ich selbst war 16 Jahre lang als Milizsoldat be­ordert und aktiv, und auch uns hat es immer am Geld gefehlt, sei es, dass die Funkge­räte nicht funktioniert haben oder dass wir nicht genug Fahrzeuge hatten, sodass wir dann mit dem Handy telefoniert haben beziehungsweise im Privatauto gefahren sind.

Etwas kann der österreichische Soldat wirklich gut, meine Damen und Herren, nämlich improvisieren. Das können wir in Österreich! Das haben wir am Golan gemacht. Das haben wir oben auf dem Berg gemacht, überall auf der Welt. Diesbezüglich sind wir wirklich Weltklasse. Wir haben wirklich gute Soldaten, die originell sind und wissen, was sie zu tun haben. Das gibt es. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine Damen und Herren, in Österreich hat es immer am Geld gemangelt. Es gibt ei­nen berühmten Ausspruch von Feldmarschall Radetzky, der gesagt hat, dass die öster­reichische Armee immer genau so viel Geld bekommen hat, dass sie in Ehren verlieren durfte. Auf diesem Weg gehen wir heute offensichtlich weiter. Wir haben eine lange Friedensperiode. Die Situation in der Ukraine ist ein Argument, dass immer etwas pas­sieren kann. Ein Abgeordneter einer ehemaligen Besatzungsmacht hat eben erst ge­sagt, dass es aus seiner Sicht ein Fehler gewesen ist, 1955 das Territorium der Re­publik Österreich zu verlassen.

Aber es gibt zum Beispiel auch das Attentat eines Einzeltäters, der 2011 in Oslo in Norwegen erst die Hauptstadt lahmgelegt und dann 80 Leute erschossen hat. Das hat dazu geführt, dass Norwegen das Militär einzusetzen hatte.

Wir haben heute Ordnung, aber Ordnung ist nie etwas Selbstverständliches, und oft und sehr schnell kann es geschehen, dass wir das Bundesheer auch zum Schutz der demokratischen Einrichtung und auch für die militärische Landesverteidigung brau­chen, die wir nie vernachlässigen dürfen. In Wirklichkeit ist Letzteres die erste Aufgabe des Bundesheeres. (Beifall beim Team Stronach.)

Daher bin ich auch nicht glücklich, wenn Milizübungen nicht in voller Stärke abgehalten werden. Ich sage Ihnen nämlich aus eigener Erfahrung: Es war immer eine gute Moti­vation für die Soldaten, wenn sie ein, zwei Wochen im Feld waren und anstrengende Märsche und Ähnliches hinter sich hatten. Natürlich sagt jeder locker: Ich wäre gern in der Schreibstube und möchte mir ein einfaches Leben machen. Aber alle, die einmal eine aufregende Übung hinter sich haben, sagen dann: Mein Gott, was war das doch für ein Theater, was war das für eine Übung, was war das für ein Erlebnis! – Daher meine ich, dass man auch wieder auf dieses Mittel zurückgreifen sollte. Das ist die In­landskomponente.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite