Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 277

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wir die unantastbare Menschenwürde auch in der österreichischen Verfassung verankern. In Deutschland ist sie in Artikel 1 des Grundgesetzes geregelt und ist Leit­prinzip der Politik. Das sollte auch in Österreich der Fall sein. Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

11.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aslan zu Wort. – Bitte.

 


11.17.19

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen zuhause! In Österreich gibt es derzeit als einziges Modell der kollektiven Rechtsdurchsetzung die von der Judikatur entwickelte Sammel­klage nach österreichischem Recht. Dabei müssen alle am Verfahren Beteiligten ihre Schadenersatzansprüche an einen Klagsverband abtreten, etwa an den Verein für Konsumenteninformation, der die Forderungen dann gesammelt bei Gericht einklagt.

Dieses Modell ist zwar durchaus erfolgreich, was den Bedarf nach einem solchen Instrument unterstreicht, führt aber in der Praxis zu hohen Kosten und zu aufwendigen Prozessen. Eine Gruppenklage wäre deutlich günstiger, da die Rechtshilfesuchenden sich direkt mit ihren Ansprüchen an das Gericht wenden können. Auch Minister Hundstorfer bestätigte vor einiger Zeit, dass Gruppenklagen viel günstiger sind als Sammelklagen.

Es gibt zwar einen Entwurf, jedoch gibt es seit sieben Jahren keine Anzeichen einer Umsetzung. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, damit Sie sich das besser vorstellen können: Wenn auf einer Kreuzfahrt 200 Personen an Brechdurchfall erkranken, ist es weder notwendig, 200 Verfahren zu führen, noch ist es notwendig, alle Einzelklagen an einen Sammelkläger abzutreten.

Bei einer Gruppenklage können alle 200 geschädigten Personen ihr Recht in einem Verfahren geltend machen. Wir Grüne sind und waren immer für die Einführung der Gruppenklage, jedoch wurden wir immer wieder vertröstet. Natürlich muss auch disku­tiert werden, ab wie vielen Anspruchsberechtigten eine solche Klage möglich sein soll. Wir setzen uns da aber für eine möglichst niedrige Schwelle ein. Vorstellbar wäre etwa ein Kreis von 20 bis 50 geschädigten Personen.

Ich habe Herrn Hundstorfer schon zwei Mal gefragt, ob es in Österreich in absehbarer Zeit eine Gruppenklage geben wird. Zwei Mal war die Antwort kurz und bündig: Nein.

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz finanziert den Verein für Konsumenteninformation bei der Einbringung von Sammelklagen mit. Diese Kosten könnte man bei der Einführung der Gruppenklage einsparen. Einerseits redet man von Einsparungen beziehungsweise von Budgetentlastungen, und auf der ande­ren Seite spart man da nicht ein, wo es eigentlich erforderlich ist. Die Arbeiterkammer und der VKI sind grundsätzlich für die Einführung einer Gruppenklage. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum da nichts weitergeht.

Klar ist, dass die ÖVP absolut nicht will, dass die Gruppenklage eingeführt wird, weil dahinter die Wirtschaftskammer steckt, die sich natürlich vor Massenklagen gegen Unternehmen fürchtet. Diese Furcht ist unbegründet. Andere Länder wie England, Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland haben das Modell der Gruppenklage eingeführt. Wir brauchen nicht das Rad neu zu erfinden, sondern wir müssen es nur den anderen Ländern nachmachen, die es schon gemacht und auch Erfolg dabei haben. (Beifall bei den Grünen.)

 


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