Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 16

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Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr geehr­ter Herr Abgeordneter, wie Sie wissen, war es uns möglich, im Rahmen des Europa­ratsvorsitzes zwei Mal in die Ukraine zu reisen und auch in Wien eine Konferenz durchzuführen, bei der sowohl die Ukraine als auch Russland an einem Tisch saßen. Das war, glaube ich, ein erster positiver Schritt.

Mittlerweile haben die Verhandlungen ein anderes Format, sind auf eine andere Ebene gehoben worden. Es finden Gespräche zwischen der Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich statt, und es gibt eine Kontaktgruppe unter der Federführung der OSZE, wo die Ukraine und Russland an einen Tisch geholt worden sind. Insofern gibt es mittlerweile Gott sei Dank diese direkten Gesprächskanäle, die es vor einigen Mo­naten in diesem Konflikt so noch nicht gab.

Wir werden von österreichischer Seite sicherlich weiterhin mit beiden Seiten in Kontakt bleiben, da wir der Meinung sind, dass es für eine Lösung in diesem Konflikt nicht nur die Ukraine, sondern sicherlich auch die russische Seite braucht.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Damit stellt sich aber – auch in Fortsetzung die­ser Problematik – natürlich auch die Frage, ob es für Sie so etwas wie ein Gesamtkon­zept gibt. Bei allen kritischen Anmerkungen, die man gegenüber der russischen Innen- und Außenpolitik haben könnte beziehungsweise auch hat, ein Europa ohne Russland ist meiner Meinung nach nicht vorstellbar, ohne wirtschaftliche und politische Einbezie­hung.

Gibt es da ein Gesamtkonzept, das sich sozusagen über die Ukraine-Problematik hi­naus erstreckt, wird an einem Projekt gearbeitet, das auch für Österreich wichtig ist, friedenspolitisch und auch in jeder anderen Beziehung?

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Wir sind aus österreichischer Perspektive definitiv der Meinung, dass es nicht nur eine Einbezie­hung Russlands in die Gespräche braucht, sondern dass es eine langfristige Lösung nach dem Konflikt braucht. Neben all der Tagespolitik, neben all den notwendigen Sanktionen braucht es, wie ich glaube und wie Sie richtig sagen, auch eine darüber hi­nausgehende Vision.

Wir sind der Meinung, dass es langfristig so etwas wie eine Freihandelszone mit Russ­land geben sollte, nicht nur weil es für Russland positiv wäre oder weil es für die Euro­päische Union positiv wäre, sondern vor allem weil es meiner Ansicht nach eine Chan­ce ist, dafür zu sorgen, dass Länder wie die Ukraine, aber auch Moldau, Georgien oder Armenien nicht vor eine Zerreißprobe gestellt werden. Diese Länder sind derzeit in der Situation, dass sie sich zwischen der Annäherung an die Europäische Union und dem Modell einer Eurasischen Zollunion entscheiden müssen. Ich glaube, das sollte nicht im Widerspruch stehen, sondern man sollte daran arbeiten, wie man diesen Ländern insbesondere in der wirtschaftlichen Kooperation ermöglichen kann, dass sie näher an die Europäische Union heranrücken und gleichzeitig eine starke regionale Partnerschaft mit Russland wahren können. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Das ist unser Konzept, das natürlich nach wie vor Zukunftsmusik ist, da wir gerade in der Phase eines Konflikts sind. Ich glaube aber, gerade in einem Konflikt braucht es auch längerfristige Visionen. Und ich bin froh darüber, dass es einige Länder in der Eu­ropäischen Union gibt, die das ähnlich sehen, und dass es daher mittlerweile, was zum Beispiel das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine betrifft, einige Länder gibt, die die Idee unterstützt haben, dass dieses auch mit Russland besprochen werden muss. Diese Konsultationen finden mittlerweile statt, und das ist, denke ich, gut so.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck.

 


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