Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 49

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10.47.21

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mit­glieder der Regierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Strache, Sie haben vergessen, uns ein bisschen etwas über die Aussa­gen des Herrn Gudenus zu erzählen. Es hätte uns auch interessiert, wie das gemeint war. (Beifall bei der SPÖ.) Ich würde mich auch genieren und nicht darüber reden, ich sage es Ihnen ehrlich, aber ich wundere mich, dass auch Sie schon so weit sind, dass Sie das absichtlich beiseitelassen. (Abg. Strache: Dem hört der Putin zu, im Unter­schied zu Ihnen!)

Über die Wirtschaftsbeziehungen und die Auswirkungen auf Österreich hat das WIFO tatsächlich eine Aussage getätigt, aber nicht die, die Sie verwenden, und daher möchte ich über diese Auswirkungen gleich einiges sagen.

Das WIFO hat gesagt, dass sie, ohne die Sanktionsliste zu prüfen und nach einer ein­fachen Rechnung – es gab also auch keine Studie, es ist nur eine Aussage gewesen – folgende einfach nachvollziehbare Aussage treffen können: Wenn der Export um 20 Pro­zent zurückgeht, dann gefährdet das rund 11 000 Arbeitsplätze. – Das ist eine leichte Rechnung, jeder weiß die Höhe unserer Exporte. Die Arbeitsplätze sind natürlich nicht nur beim eigentlichen Produkt, das exportiert wird, gefährdet, sondern in dem Betrieb, dadurch kommt man auf diese 11 000 Arbeitsplätze.

Wenn man sich aber die Mühe macht, herauszufinden, welche wirtschaftlichen Auswir­kungen welche Maßnahme genau hat, ist es zwar nicht immer einfach, das auseinan­derzuhalten, aber eines wird dadurch eindeutig: Die Waren, die nach langen Diskus­sionen auf der Sanktionsliste gemeinsam vereinbart wurden, sind zu 4 Prozent jene Güter, die wir mit Russland handeln. Also nicht 20, sondern 4 Prozent. (Abg. Belako­witsch-Jenewein: Und was heißt das jetzt?)

Warum ich Ihnen das erzähle, ist, weil die Wirtschaft nicht betroffen ist (Abg. Kickl: Jetzt erklären Sie, dass die Sanktionen überflüssig sind? – Zwischenruf des Abg. Stra­che) – nein, nein, im Gegenteil! –, weil die Wirtschaft nicht betroffen ist von den in der WIFO-Studie beschriebenen Effekten, sondern von der Tatsache, dass in der Ukraine Krieg herrscht – davon ist die Wirtschaft betroffen! (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl) – und von der Tatsache, dass die Europäische Union nicht einfach sagen kann: Das geht uns nichts an!, sondern zu Recht die Souveränität und Integrität eines Lan­des – in dem Fall der Ukraine – hervorzuheben hat. (Abg. Strache: ... über den Souve­ränitätsbegriff! – Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Alles andere würde die Europäi­sche Union schuldig werden lassen, nicht das ernst zu nehmen, was sie vertritt, näm­lich die Unabhängigkeit und Souveränität eines Landes. Wenn Sie sich schuldig ma­chen, die Souveränität kleinzureden, ist das Ihre Angelegenheit; ich bin froh, dass die Europäische Union mehr Moral und Gewissen hat als Sie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Sie sind der größte Souveränitäts...! Neutralitätsagnostiker! – Weitere Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Tatsächlich verursachen nicht die einzelnen Waren auf einer Liste, sondern verursa­chen der Krieg und die damit einhergehenden Auswirkungen, nämlich erstens mensch­lich verheerendes Leid – 3 000 Tote, mehr als 500 000 Menschen auf der Flucht, also verheerendes menschliches Leid –, und wenn es nicht gelingt, diesen Friedensprozess voranzutreiben und dort wieder ein friedliches Zusammenleben, auch ein den Minder­heiten gegenüber respektvolles Zusammenleben zustande zu bringen, nachhaltig gro­ße wirtschaftliche Sorgen in der Europäischen Union und damit auch in Österreich.

Deshalb muss es unser Ziel sein, einen Friedensprozess in Gang zu setzen, der nicht bewirkt, dass sich ein Land ein anderes einfach holt, sondern dass ein Friedensplan unter Wahrung der Souveränitätsrechte, aber auch der Minderheitenrechte in der Uk­raine eingehalten wird. (Abg. Kickl: Wenn Sie das einmal in Richtung Washington


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