Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 58

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Außerdem: Die Ukraine ist quasi pleite. Bis zur Krise war das Putins Problem, jetzt ist es das Problem der EU. Es war von der EU von Anfang an unklug, die Ukraine anzu­locken, ohne auf die Russen Rücksicht zu nehmen. Die Ukraine ist mit der russischen Wirtschaft sehr eng verflochten, 78 Prozent aller Wirtschaftsaktivitäten hängen an Russland, und jetzt lockt die EU. – Was kann denn die EU bieten? Die EU hat selbst kein Geld. Wir kämpfen genug mit Griechenland, Portugal und anderen Problemstaa­ten, die Schuldnerunion Europa kann die Ukraine nicht auffangen.

Natürlich führen die Sanktionen auch dazu, dass es neue Bankenrettungen wird geben müssen. Sie haben vielleicht gestern den Aktienkurs der Raiffeisen gesehen, als sie die Verluste aufgrund der Ukraine-Situation bekannt geben mussten. Sollten weitere Bankenrettungen oder Bankenunterstützungen notwendig werden, wer wird das dann, glauben Sie, zahlen? – Wieder die österreichischen Steuerzahler. Und das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Was die Neutralität anlangt: In Artikel 43 Absatz 1 des Vertrages über die EU steht ganz klar, dass die Union für die vorgesehenen Missionen auf zivile und militärische Mittel zurückgreifen kann. Da geht es sowohl um allgemeine Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben als auch Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung ein­schließlich friedenschaffender Maßnahmen.

Die Begriffe Kampfeinsätze zur Krisenbewältigung und Bekämpfung des Terrorismus sind ein Freibrief, denn diese werden mittlerweile extensiv ausgelegt. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) – Mein Schlusssatz kommt gleich. (Heiterkeit.)

Die österreichische Regierung sollte den Mut haben, den Österreichern die Wahrheit zu sagen: Seit dem EU-Beitritt existiert die Neutralität nicht einmal mehr auf dem Papier! (Ruf bei der SPÖ: War er das?) Das ist traurig, denn Österreich ist mit seiner Neutralität gut gefahren, und es wäre schön, wenn sie wirklich gelebt würde. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ. – Abg. Strache: Es sind zwei Parteien, Herr Schieder, nicht eine! Da haben Sie sich wieder verzählt! – Abg. Krainer: Ist das jetzt der neue Standard für den Schlusssatz? – Weitere Zwischenrufe.)

11.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


11.25.32

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Hohes Haus! Liebe Hypo-Zahler und Hypo-Zahlerinnen! Die Sanktio­nen sind ein notwendiges Übel, auf das die EU und Österreich widerwillig, zögerlich und in sehr bescheidenem Ausmaß zurückgegriffen haben, in der Hoffnung, einen viel grö­ßeren Schaden abzuwenden.

Die Sanktionen sind angesichts der Bereitschaft Russlands, seine revisionistische völ­kische Expansionspolitik auch mit Waffengewalt durchzusetzen, das einzige Mittel, die diplomatischen Bemühungen auch mit Taten zu untermauern, sie damit zu stärken, oh­ne selbst auf militärische Mittel zurückgreifen zu müssen. Es sind nicht die bis vor Kur­zem weitgehend nur symbolischen Sanktionen, die eskalierend wirken. Die Eskalation kam Schritt für Schritt von Russland aus.

Die Frage bleibt freilich, ob Sanktionen etwas bewirken werden. Die Erfahrungen mit dem Apartheid-Regime in Südafrika oder den Mullahs im Iran beweisen, dass nach ei­niger Zeit, wenn die Kosten der Sanktionen spürbar werden, auch undemokratische Regime, von denen man glauben würde, dass sie dem Druck der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt sind, doch unter Zugzwang kommen.

Es erwartet niemand, dass Putin aufgrund einiger halbherziger Sanktionen plötzlich seine Interventionspolitik aufgeben wird, aber die Zeichen mehren sich, dass die Sank-


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