Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung / Seite 168

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abgeschlagen sind. Da ich auch praktizierender Lehrer bin und selber drei Kinder habe, wollte ich Ihnen ergänzend dazu ein paar Erfahrungen aus meiner Sicht dar­legen.

Punkt eins: Die Überforderung unserer Kinder ist extrem groß. Das hat schon Kollege Schmid andiskutiert, und ich muss ihm da vollkommen recht geben. Schauen Sie sich einmal an, wie viel Zeit Kinder tatsächlich pro Woche quasi in den „Arbeitsplatz Schule“ investieren! Jetzt sagen wir einmal pauschal: 35 Stunden Unterricht. Dazu kommen mindestens 15 bis 20 Stunden Arbeit zu Hause. Das ergibt bitte 50 bis 55 Stunden, die Kinder und Jugendliche aufzuwenden haben – pro Woche! Und das ist ein totaler Wahnsinn! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mayer: In welchem Alter?)

Deswegen gibt es bereits in frühester Kindheit Kinder, die zu Psychopharmaka greifen müssen, weil sie dieser Belastung und diesem Druck ja überhaupt nicht mehr stand­halten können. Dazu kommen überforderte Eltern, die arbeiten gehen müssen und nicht die Kraft und die Zeit haben, ihren Kindern weiterzuhelfen, und das führt dazu, dass die Kosten für die Nachhilfe steigen.

Vor Kurzem hatten wir die Debatte über Ärzte, die zukünftig 45 Stunden arbeiten. Darüber gibt es Diskussionen. Aber niemand diskutiert darüber, dass Kinder tat­sächlich 50 bis 60 Stunden pro Woche in ihre Aus- und Weiterbildung investieren müssen! Darüber sollten wir einmal diskutieren! Daran krankt das System.

Ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es höchst an der Zeit wäre, die Lehr­pläne zu entrümpeln. Das ist ja die Katastrophe! Wir müssen schauen, dass wir unseren Kindern Grundfertigkeiten beibringen – Lesen, Schreiben, Rechnen – und dass sie Zeit zum Üben in der Schule haben. (Abg. Schieder: Da gibt es eh eine Antwort: Die Ganztagsschule!)

Ein Beispiel dazu, wobei mir bewusst ist, dass es hier quer durch den Gemüsegarten geht: Ich habe in der Handelsakademie unter anderem Betriebswirtschaftslehre unter­richtet, pro Jahr 350 Seiten Umfang! Was bedeutet das? Ich bin gezwungen, diesen Lernstoff durchzubringen. Das wird dokumentiert, indem ich das im Klassenbuch vermerke. Das ist die Konsequenz! (Abg. Schieder: Ja, aber nicht eins zu eins 350 Seiten, das stimmt doch nicht!) Nur – geschätzter Herr Kollege, reden wir einmal offen! –: Zeit zum Üben bleibt wenig! Stunden fallen aus. Was ist die Konsequenz? – Das Üben wird auf den Nachmittag verlagert! Dort, wo Eltern in der Lage sind, den Kindern zu helfen, da wird es weitergehen. Dort, wo die Eltern nicht in der Lage sind, sind die Kinder und die Eltern überfordert.

Das ist das Problem! Schauen wir einmal, dass wir die Lehrpläne entrümpeln, damit mehr Zeit zum Üben in der Schule übrig bleibt! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Moser: Das sind ja Maximallehrpläne!)

Der springende Punkt ist, dass man in der Schule üben muss. Ich kann ja nicht alles auf den Nachmittag verlagern und damit alle komplett überfordern! Das ist nicht mög­lich.

Ein weiteres Beispiel sind die Referate in den Volksschulen. Ich war als Elternteil schockiert: In der vierten Klasse Volksschule sind mittlerweile Kinder aufgefordert, Referate zu machen! (Abg. Glawischnig-Piesczek: In der zweiten Klasse!) Die wissen ja bitte nicht einmal, was ein Referat ist! Wer macht denn die Referate? – Die Referate machen die Eltern, und die Kinder tragen das dann vor. (Weitere Zwischenrufe und Heiterkeit bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Das hat ja alles keinen Sinn, bitte!

Man muss doch Wertigkeiten setzen, ich könnte Ihnen Beispiele nennen. – Und das ist unser Problem, bitte! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mayer.) Das ist das


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