Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung / Seite 176

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Ich möchte deshalb auch aufbauend auf Ihren Bericht, Herr Bundesminister, einen Raum erwähnen, nämlich den Balkan, ohne ihn jetzt im Gesamten beurteilen zu können, weil er viel zu weitläufig ist, auch in seiner Problematik. Ich konzentriere mich auf zwei Länder, nämlich Bosnien und Herzegowina und Kosovo, aus gutem Grunde, weil die Republik Österreich in diesen beiden Ländern auch mit militärischen Kräften vertreten ist, in Bosnien und Herzegowina mit zirka 200 Personen und im Kosovo mit zirka 400 bis 500 Personen. In Bosnien und Herzegowina haben wir eine EU-Mission und im Kosovo eine NATO-Mission. Beides ist durch Beschlüsse des UN-Sicherheits­rates unterstützt.

Ich greife deshalb dieses Thema auf, weil es mir scheint, dass es in der letzten Zeit aus dem Fokus der Europäischen Union und auch aus dem Fokus der österreichischen Bundesregierung verschwunden ist. Ich glaube, das ist deshalb der Fall, weil die Europäische Union in diesem Raum mit ihrem Latein am Ende ist, weil die Politik, die dort betrieben wird, seit dem Abkommen von Dayton, seit Mitte der neunziger Jahre, gescheitert ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir entnehmen dem Bericht der Bundesregierung für das Jahr 2013, dass es in Sarajevo friedliche Großdemonstrationen gegeben hat, die im Wesentlichen nur gegen die Regierung gerichtet gewesen seien, weil dort Ungerechtig­keiten vermutet worden sind. Wir müssen für das Jahr 2014 feststellen, dass es zu einer eklatanten Verschärfung dieser Krise gekommen ist, dass es gewalttätige Aus­einan­dersetzungen im gesamten bosnischen Raum gab. Das auslösende Moment waren soziale Missstände, Unmut über die Korruption und die Unfähigkeit der politi­schen Führung. Das ist nicht von ungefähr gekommen. Es gibt in Bosnien und Herzegowina einen Durchschnittslohn von 300 € und eine Arbeitslosigkeit von 28 Prozent. All das geschieht trotz aller Maßnahmen, die vonseiten der internationalen Organisationen, auch vonseiten der EU, in diesem Raum gesetzt worden sind.

Meine Damen und Herren, wir haben eine neue Herausforderung in diesem Raum: Die nationale Frage ist völlig ungelöst und wird zunehmend ergänzt mit dem weltweit wahrnehmbaren religiösen Konflikt, nämlich dem Konflikt zwischen islamisch-radikalen Gruppierungen und den Christen, die dort in diesem Raum leben.

Es gab gewalttätige Demonstrationen im Frühling dieses Jahres in Bosnien-Herze­gowina, wo Bosniaken den Serben und Kroaten gegenüberstanden, mit dem Ziel, das fein austarierte System dieses Staates zu Fall zu bringen. Das ist eine vollkommen neue Qualität. Bislang glaubte man ja, die Bosniaken sind ein stabilisierender Faktor in diesem schwierigen Lande, von dem die Republika Srpska und auch die bosnisch-kroatische Föderation eigentlich stabilisierend beeinflusst werden, nun scheint sich das Gegenteil herauszustellen. Wir haben in diesem Raum eine eklatante Verschärfung festgestellt. Das multiethnische Projekt in diesem Staat scheint vollkommen gescheitert zu sein.

Meine Damen und Herren! Das muss Folgen haben. Dasselbe gilt auch für den Kosovo. Wir haben in diesem künstlich vor etwa fünf, sechs Jahren entstandenen Staat, der nunmehr von etwa hundert neuen Staaten der Staatengemeinschaft aner­kannt wird, größte Schwierigkeiten festgestellt. Es gibt in diesem Land eine Arbeits­losigkeit von 43 Prozent, bei den Jugendlichen liegt sie bei 70 Prozent. 45 Prozent der Kosovaren leben in Armut, 15 Prozent in einer extremen Armut. Meine Damen und Herren, die EU-Integrationsstrategie, die diesem Lande helfen sollte, ist vollkommen gescheitert! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sollten deshalb hier eine eigenständige und neue Politik entwickeln, Herr Bun­desminister. Wir sollten als Republik Österreich den Mut haben, im Rahmen der Europäischen Union diese eigenständige Politik in Bezug auf den Balkan auch zu


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