Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 245

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ser Fotos als verwaiste Werke gilt, das heißt, es ist nicht geklärt, wer die Inhaber der Urheberrechte sind.

Wir beraten heute hier im Nationalrat eine zeitgemäße Regelung nicht nur von Kriegs­fotos. Bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinie zur Nutzung verwaister Werke geht es um eine moderne, offene, niederschwellige Nutzung jenes europäischen Kulturgutes, das unter den Begriff „Verwaiste Werke“ fällt.

So wie das Österreichische Staatsarchiv warten Tausende Bibliotheken, Museen und Archive auf eine klare gesetzliche Regelung, ja sogar auf eine europaweit einheitliche Regelung in allen Mitgliedstaaten. Ich meine, das ist höchst zeitgemäß und es ist ei­gentlich ganz einfach userfreundlich. Gemeinnützige Kultureinrichtungen, allerdings auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, können dann Werke aus ihren Sammlungen online stellen, damit der Allgemeinheit – uns allen – zur Verfügung stellen und eben auch der nichtkommerziellen Nutzung zuführen.

Im Justizausschuss gab es diesbezüglich eine breite Zustimmung, bloß eine Partei stimmte dagegen, das war die FPÖ. Das überraschte mich sehr, denn ein blaues Mit­glied des Europäischen Parlaments meinte dazu Folgendes – Zitat:

„Ich habe für den Bericht gestimmt, da ich der Ansicht bin, dass es Zeit wird, auch im Internet Rechtsicherheit für die User zu schaffen, die über die Grenzen der einzelnen Mitgliedsstaaten geht.“

Nun, wen habe ich da zitiert? – Es war Andreas Mölzer, der bei der Beschlussfassung dieser EU-Richtlinie im Europäischen Parlament dafür gestimmt hat. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) Und Franz Obermayr, ebenfalls FPÖ, hat auch nicht dagegen ge­stimmt, sondern sich der Stimme enthalten. Die FPÖ hat allerdings im Justizausschuss dagegen gestimmt, das heißt, sie hat in dieser Frage wohl keine Linie oder schlingert halt ein bisschen dahin.

Wir setzen heute hier den ersten Schritt zu einer Neugestaltung des Urheberrechts. Der Zugang zu einem beträchtlichen Teil des kulturellen Erbes Europas wird so für uns alle immens erleichtert, und Europa, die Geschichte Europas, heißt Holocaust, Völker­mord im Zweiten Weltkrieg. Das heißt, die Bedeutung und der Umfang verwaister Wer­ke ist auf unserem Kontinent natürlich enorm groß. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


21.17.16

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Al­so grundsätzlich ist das Urheberrecht als europäisches Grundrecht natürlich nicht zur Disposition zu stellen. Der Schutz des geistigen Eigentums ist selbstverständlich – Frau Steinacker, da haben Sie ja recht, das ist keine Frage –, aber es ist so ähnlich wie mit den Medikamenten und der Dosierung: Eine zu hohe Dosis kann die Wirkung des Me­dikaments ins Gegenteil verkehren, und zu viel urheberrechtlicher Schutz kann durch­aus auch die Möglichkeit der Nutzung von Werken beeinträchtigen oder sogar verhin­dern – genau die Nutzung, die ja eigentlich die Intention der Urheber ist. Wenn ein Werk nicht veröffentlicht wird, ist das ganz selten im Interesse der Urheber und Urhe­berinnen.

Diese jetzt vorliegende Gesetzesnovellierung ist also ein Paradebeispiel dafür, wie ei­ne ganz bestimmte Sorte von Werken urheberrechtlich ein bisschen weniger geschützt wird, nämlich die verwaisten Werke – das sind Werke, deren Urheberschaft nicht ge­klärt worden ist oder nicht geklärt werden kann. Damit diese nicht im Tresor vergam­meln und für immer weg sind, gibt es seitens der EU jetzt diese Richtlinie, die wir nun


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