Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung / Seite 153

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16.42.50

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte ZuseherInnen auf der Tribüne und vor den Fernsehapparaten! Kollege Roman Haider von der FPÖ hat es auf den Punkt gebracht. Die FPÖ-Position ist sozusagen auf Goo­gle „Wirtschaftspolitik Österreich – Kritik“. – Das ist Ihre Position! Das ist in meinen Au­gen ein bisschen mager. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Wir haben heute schon relativ viele Schlagworte gehört: zum Beispiel Wachstumsof­fensive. Das würde wahrscheinlich auch herauskommen, wenn ich ein Wirtschaftskon­zept mit Google erstellen müsste. Oder: Flexibilisierung. Das würde wahrscheinlich auch herauskommen, wenn ich nur Google damit befasse. Also: Wir sollten wegkommen von dieser Politik der Schlagworte! (Abg. Neubauer: Dann kommen Sie endlich weg davon!)

Nächstes Beispiel: Flexibilisierung der Arbeitszeit. – Was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie mehr als 24 Stunden am Tag arbeiten, wie das in China und in Bangladesch beina­he schon der Zustand ist?

Wir Grünen haben den Ansatz, dass sich soziale Sicherheit nicht nur über Unterneh­mertum definiert, sondern auch über die Angestelltenverhältnisse. Solide Angestellten­verhältnisse sind uns ebenso wichtig wie Selbständigkeit und Unternehmertum. Das möchte ich vorausschickend angemerkt haben. Wir sind uns aber einig darüber, dass wir in Österreich ein Grundproblem haben, und zwar: Wenn einer oder eine mit einer Idee kommt, wenn einer oder eine eine Kerze anzündet, dann kommt es viel zu oft zu der Situation, dass es fünf Menschen oder zehn Menschen gibt, die diese eine Kerze ausblasen wollen. Da haben wir definitiv ein Problem.

Ich möchte, da die NEOS das heute aufs Tapet gebracht haben, ein bisschen die Un­terschiede zwischen Grünen und NEOS herausarbeiten. Die NEOS kommen immer mit dem Ansatz „weniger Staat!“. Die Grünen würden da eher sagen: Der Staat ist wichtig, aber eben an der richtigen Stelle! Der Ruf nach weniger Staat per se findet nicht meine Zustimmung, denn das, was dabei herauskommt, sieht man in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es klingt im ersten Moment sehr attraktiv, zu sagen, man senkt die Steu­ern  (Zwischenruf des Abg. Strolz.) Ja eh, man kann die Steuern senken, aber zum Schluss ist dann kein Geld mehr da, um die Straßenlöcher zu flicken.

Das Modell, das Sie hier vorstellen, würde heißen, wir senken die Steuern und würden dann von Haus zu Haus gehen und die Menschen fragen: Gebt Ihr vielleicht jeder 1 000 Dollar dazu, damit wir auch die Straßenlaternen erneuern können? – Das wäre ungefähr Ihr Modell! (Abg. Strolz: In der Schweiz gibt es auch Schulen!)

Kollege Strolz, die Schweiz ist in meinen Augen nicht das beste Beispiel, denn in der Schweiz kommt es vor – und ich habe mich längere Zeit mit einer Schweizer Unterneh­merin unterhalten –, dass in der Gemeinde Volksabstimmungen stattfinden, wo es um die Frage geht: Sind wir bereit, die Steuern zu erhöhen, damit ein Kinderspielplatz ge­baut wird, oder nicht?, und meistens überstimmen dann die Rentner und Rentnerin­nen – es ist halt leider so – die Jugend, und es kommt zu keinem Kinderspielplatz. (Abg. Strolz: Und bei uns ist das nicht so? – Das ist absurd!) Das ist schon ein De­mokratieverständnis, mit dem ich mich sehr schwer tue und das von meiner Definition her auch nicht unter Solidarität fällt.

Wenn man die Positionen der verschiedenen Parteien, was Wirtschaftspolitik betrifft, ein bisschen zusammenfassen möchte, dann kommt man zum folgenden Ergebnis:

Bei der SPÖ gibt es nach meinem Eindruck die Grundhaltung: Verboten ist alles, was nicht ausdrücklich erlaubt ist! Bei der FPÖ hat man den Eindruck, ihre Grundhaltung zur Wirtschaftspolitik ist geprägt von dem Satz: Fremdes wollen wir nicht!, wobei Frem­des für sie natürlich auch alles ist, was sie nicht versteht. (Ironische Heiterkeit bei der


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