Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 203

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Ich weiß, dass es in Österreich überhaupt keine Tradition hat, inhaltliche, thematische Gruppen zu gewissen Themen zu haben, aber ich glaube, es ist durchaus an der Zeit, mit dieser Tradition zu brechen. Wir könnten eine nationale Gruppe dieser Organi­sation gründen. Ich würde all jene einladen, die einen Fokus auf internationales Völker­recht, auf Menschenrechte haben, sich bei mir zu melden. Vielleicht besteht Interesse, und vielleicht bringen wir auch auf parlamentarischer Ebene von Österreich ausgehend in dieser wichtigen Frage noch etwas weiter. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

16.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


16.37.17

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolle­gen und Kolleginnen! Die beiden Regierungsfraktionen bekräftigen in diesem Ent­schließungsantrag gemeinsam ihre Ablehnung gegen jegliche Form der Todesstrafe und verstärken und unterstützen auch sämtliche Maßnahmen, sowohl auf bilateraler als auch auf europäischer Ebene und auf der Ebene der Vereinten Nationen, die dazu dienen, die Todesstrafe endgültig abzuschaffen. Die FPÖ hat diesem Antrag im Aus­schuss zugestimmt, und wir werden auch jetzt und hier im Plenum diesem Antrag zustimmen.

Eine Kritik möchte ich aber schon ganz gerne anbringen, und zwar in Bezug auf die EU. Die EU ist eine Institution, die sich in der Öffentlichkeit gerne als Vorreiterin im globalen Kampf gegen die Todesstrafe darstellt. Gerne wird in Europa vom hohen Ross auf andere Länder herabgeblickt, die die Todesstrafe noch in ihrem Programm haben. Nochmals: Keine Frage, auch die freiheitliche Bewegung spricht sich absolut gegen die Todesstrafe aus, aber – und jetzt möchte ich einige Fragen anschließen –:

Ist es unser Recht in Europa, mit erhobenem Zeigefinger auf moralisierende und ober­lehrerhafte Art und Weise andere Länder dieser Welt zu maßregeln, wenn gleichzeitig verschiedene Staaten der EU die völkerrechtswidrigen und menschenverachtenden Drohnenmorde der USA logistisch unterstützen?

Können wir gegen andere Länder dieser Welt, die die Todesstrafe immer noch in ihrer Rechtsprechung haben, moralisch zu Felde ziehen, wenn die NATO – und die meisten Mitglieder der EU sind nun einmal NATO-Mitglieder – in der ganzen Welt in völker­rechts­widrigen Interventionskriegen Zerstörung, Gewalt und Tod verbreitet?

Können wir glaubhaft gegen die Todesstrafe in der Welt argumentieren, wenn wir keine klaren Worte gegen die Verbrechen im Israel-Palästina-Konflikt finden?

Kann die EU glaubhaft in der Welt als Gegner der Todesstrafe wahrgenommen wer­den, wenn ein EU-Land wie etwa – und das ist immerhin unser Nachbarland – Deutsch­land schwere Kampfpanzer und andere Rüstungsgüter an menschenverach­tende Regime wie Saudi-Arabien liefert?

Ich würde sagen: Nein! Solange wir in Europa mit massiven Doppelstandards und mit Doppelmoral in unserer Außenpolitik durch die Welt marschieren, meine ich, können wir auch andere Länder nicht allzu heftig kritisieren.

Ich denke, in dieser Weise sind die Worte und Taten der EU sehr oft Schall und Rauch. Ja, es stimmt, es besteht das Recht auf Leben, das ist ein Menschenrecht. Das soll und muss global anerkannt werden, keine Frage. Aber ist es in einer multipolaren Welt nicht auch an der Zeit, danach zu fragen, ob nicht jedes Land das Recht auf eine eigene Entwicklung hat? Darüber ist meiner Meinung nach nachzudenken. Es ist naturgemäß, und das weiß ich sehr wohl, für Internationalisten sehr schwer zu ver­stehen, was ich damit meine. Trotzdem bleibe ich aber bei meiner Meinung: Souveräne


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