Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 204

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Staaten haben ein Recht auf eine eigenständige und selbstbestimmte Rechtsent­wick­lung.

Mein letzter Satz – gleichzeitig möchte ich noch einen anderen Gedanken und eine andere Befürchtung aussprechen –: Die Rückkehr der Todesstrafe könnte in der EU schneller geschehen, als wir es uns alle vorstellen. Ich möchte an dieser Stelle auf den Artikel 2 der EU-Grundrechtecharta verweisen, weil das ein sehr wichtiger Text ist. Dieser verbietet zwar die Todesstrafe in der EU, in den Erläuterungen zu diesem Artikel 2 der Grundrechtecharta im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14. Dezem­ber 2007 wird aber die Todesstrafe für zulässig erklärt, wenn es darum geht, einen Aufruhr oder einen Aufstand niederzuschlagen.

Nun raten Sie einmal, was passiert, wenn die Eurozone insgesamt eines Tages tat­sächlich kollabiert, die Menschen ihrer Ersparnisse beraubt worden sind und vor den Scherben ihrer finanziellen Existenz stehen. – Sie haben richtig geraten: Volksauf­stände in Europa – und der Rückkehr der Todesstrafe in der EU wäre damit der Weg geebnet.

Wir alle werden die Leidtragenden sein, daher: Überlegen Sie Ihre Abhängigkeit von der EU ganz genau! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

16.41


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


16.41.58

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchergalerie und vor den Bildschirmen! Jede Vollstreckung der Todesstrafe ist genau eine zu viel. Jedes Land, in dem die Todesstrafe noch immer nicht abgeschafft ist, ist genau ein Land zu viel.

In diesem Sinn unterstützen wir natürlich die Initiative der Bundesregierung für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe – und in jenen Ländern, in denen das noch nicht erreicht werden kann, zumindest ein Moratorium, dort, wo die Todesstrafe noch nicht gesetzlich abgeschafft ist. So eine Initiative kann nur unterstützt werden, deshalb werde ich jetzt auf die Details nicht eingehen, weil sie selbstverständlich mehr als sinnvoll ist.

Ich möchte aber auch nicht unerwähnt lassen, wie es in einem konkreten Land aus­sieht. Unser letzter Wissensstand ist: 28 Vollstreckungen der Todesstrafe seit 1. Jän­ner 2015. – Das ist Saudi-Arabien, der berühmte Bündnispartner unserer Bundesregie­rung (Rufe bei der ÖVP: Na na na!) beim interkulturellen und interreligiösen Dialog. (Abg. Rädler: Sie kann es nicht lassen!) – Nein, Herr Kollege Rädler, seines Zeichens Integrationssprecher der ÖVP, ich kann es nicht lassen, an Menschenrechten festzuhalten, und darauf bin ich auch noch stolz – „stolz drauf“! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich und wir werden es nicht lassen, uns für Menschenrechte in Österreich und auch weltweit einzusetzen (Abg. Rädler: Gut so!  Kommentare!), und wir werden es auch nicht lassen, Sie auf Ihre konkrete Politik und auf die teilweise verheerenden Aus­wirkungen dieser konkreten Politik hinzuweisen.

In Saudi-Arabien hat es im Jahr 2014, soweit man es feststellen kann, soweit es Statistiken gibt, ungefähr 90 Todesstrafen-Vollstreckungen gegeben. Seit 1. Jänner 2015 sind es mindestens schon 28. Ihr Bündnispartner Saudi-Arabien, der hier an der Ringstraße angeblich den interkulturellen und interreligiösen Dialog stiftet, steuert auf ein trauriges – unter Anführungszeichen – „Rekordjahr“ zu. Auch in diesem Zusam-


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