Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die heutige Sitzung mit einer Gedenkminute für die Opfer von Gewalt, Mord und Vertreibung begonnen. Vor 100 Jahren haben sich jene Ereignisse zugetragen, bei denen Armenier und andere christliche Bevölkerungsgruppen in einer Form in ihren Rechten verletzt worden sind, dass Papst Franziskus davon gesprochen hat, dass das der erste Genozid des 20. Jahrhunderts war. (Abg. Weninger: Das war nicht der erste!)
Den Papst soll man nicht korrigieren (Abg. Weninger: Doch!), wenn es möglich ist. (Abg. Kitzmüller: Doch, bitte!) – Reden Sie mit dem Kollegen Cap und fragen Sie ihn, was er vom Papst Franziskus hält! Um die Verwendung dieses Wortes gibt es viele Kontroversen, meine Damen und Herren, und ich möchte jetzt auch nicht nach einer präzisen juristischen Definition suchen. Wir wollten heute auch niemanden kränken. Wir sind uns durchaus bewusst, dass man diesbezüglich sehr sensibel vorgehen muss, aber wir haben heute – auch alle Klubobmänner außerhalb des Plenums – hier im Haus übereinstimmend unsere Position noch einmal dargelegt.
Warum sage ich das zu Beginn meines Redebeitrages? – Weil wir diese Debatte, die diesen Tagesordnungspunkt auch betrifft, im Gesamten sehen müssen. Wir haben einerseits die Zusammenarbeit zu suchen, und zwar gerade auch mit Staaten wie Saudi-Arabien oder auch mit China, um das direkt anzusprechen: Ich komme jetzt gerade von einem Gespräch mit Vertretern aus dem Tibet, wo es auch nicht einfach ist, diesen Dialog zu führen. Aber Österreich hat diesbezüglich eine Tradition als ein Ort des Dialogs, und ich zumindest werde alles tun, damit Österreich diese Tradition auch in Zukunft beibehalten kann. Auch als Parlament sollten wir einen Beitrag leisten, wenn es darum geht, Armenien und die Türkei zu ermuntern, normale diplomatische Beziehungen zu schaffen, oder wenn es darum geht, weltweit etwas für Religionsfreiheit zu tun.
Das ist das eine, aber das andere ist genauso klar: Menschenrechtsverletzungen sind dort, wo es solche gibt, anzusprechen – da kann man keinen Kompromiss finden. Menschenrechte sind nicht teilbar, und daher kann man darüber auch nicht verhandeln. Was im Fall von Raif Badawi an vermeintlicher Rechtsprechung geschehen ist, ist natürlich riesiges Unrecht, daran gibt es auch von unserer Seite keinen Zweifel.
Daher halte ich es für gut, dass wir immer wieder diese Debatten im Haus haben. Ich halte es auch für gut, dass wir heute diese gemeinsame Erklärung aller sechs Klubobleute fassen konnten.
Es ist ein langer, schwieriger Weg, auf dem wir gerade durch ISIS jetzt eigentlich Rückschläge miterleben mussten, und das in unserem Jahrhundert, wo niemand geglaubt hätte, dass so etwas möglich ist. Aber umso wichtiger ist es, Brücken zu bauen und diesen Dialog nicht abbrechen zu lassen.
Diesbezüglich bitte ich Sie auch um Verständnis für die Position der österreichischen Bundesregierung. Ich halte diese Position wirklich für die einzige Möglichkeit, gerade bei den neuen Bedrohungen, die auf uns zukommen, alles zu tun, um auch in Saudi-Arabien jene zu stärken, die für Menschenrechte eintreten. (Abg. Neubauer: Faymann ?) Auch wenn es nur einen kleinen Fortschritt gibt, es gibt immer wieder Fortschritte.
Ein letzter Satz: Ich hätte mir nie gedacht, noch diese Woche von der Türkei betreffend Armenien eine solche Wortmeldung wie heute zu hören – da hat die Reaktion auf die Rede des Papstes vor einer Woche noch völlig anders geklungen.
Man soll also nie die Hoffnung aufgeben, wenngleich es manchmal schwierig ist, hier tatsächlich berechtigt hoffen zu können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
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