das Regierungsprogramm schließen, in dem diesbezügliche Maßnahmen über weite Strecken nur unverbindlich – und ohne budgetäre Deckung – abgebildet werden. Hier sind weder Strategie noch Reformwille erkennbar. Für eine bundesweite Qualitätsoffensive fehlt bisher offenbar der politische Wille - auf allen föderalen Ebenen.
Die Volksschule wird vernachlässigt und die Stigmatisierung durch frühe Spaltung bleibt aufrecht
Der mittlerweile 100-jährige Stellungskampf Gesamtschule Ja/Nein ließ die Volksschule über Jahrzehnte völlig aus dem bildungspolitischen Fokus verschwinden. Dabei ist klar: Die Volksschule braucht mehr Aufmerksamkeit – und mehr finanzielle Ressourcen!
Die Volksschule ist die einzig real existierende Gesamtschule in Österreich. Es ist klar, dass eine Gesamtschule eine starke innere Differenzierung braucht. Eine Umfrage der überparteilichen Initiative Talente blühen! (http://www.talentebluehen.at/umfrage/) unter 1.460 Lehrerinnen und Lehrern zeigt, dass ihr dringlichstes Anliegen der Wunsch nach mehr Unterstützungslehrer_innen ist. Nirgends ist der Wunsch nach fachkompetenter Unterstützung laut Umfrage so groß wie in der Volksschule. Die Volksschule braucht Psycholog_innen, Sprachexpert_innen, Lerncoaches und Beratungslehrer_innen. Für Englisch, Sport und Musik sollten wir auch in der Volksschule Fachlehrer_innen andenken.
Das Klassenlehrer_innen-System hat sich bewährt. Aber wir brauchen zusätzlich eine Ausdifferenzierung des Lehrer_innenberufs. Dies gilt für die Volksschulen wie insgesamt: In Österreich kommt laut Talis-Studie auf 24 Lehrer_innen eine pädagogische Hilfskraft. Der internationale Schnitt liegt hier bei 13:1. Noch drastischer ist das Bild beim administrativen Personal. Der Rechnungshof ermittelt hier ein Einsparungspotential von jährlich 13 Millionen Euro, würden Lehrer_innen in administrativen Belangen durch günstigeres Verwaltungspersonal entlastet werden. In Österreich kommt auf 23 Lehrer_innen eine administrative Kraft, während dieses Verhältnis im internationalen Vergleich 8:1 beträgt.
Zudem wäre es höchst an der Zeit, dass wir - gerade im Volksschulbereich - aus den hunderten Schulversuchen rauskommen und beispielsweise die Notengebung endlich in die Autonomie transferieren. Alternative Feedbacksysteme haben sich längst mannigfach bewährt. Ebenso verhält es sich mit dem jahrgangsübergreifenden Unterricht. Volksschulen sollten zudem schulautonome Kontingente entlang sozioökonomischer Kriterien bekommen. Schulen, die größere integrative oder soziale Anstrengungen auf sich nehmen, brauchen die entsprechenden Mittel, um standortspezifische Antworten geben können.
Ein zentrales Problem liegt bei den Nahtstellen: wir brauchen hier fließende Übergänge. Dazu muss die Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Volksschule neu gestaltet werden. Die wenigen Modellversuche sind eindeutig zu zaghaft. Wir verlieren beim Übertritt in die Volksschule fast das ganze Schüler_innen-bezogene Wissen; die Pädagoginnen und Pädagogen fangen gleichsam wieder bei Null an.
Ein noch größerer Knackpunkt ist der Übergang von der Volksschule in die Neue Mittelschule beziehungsweise die AHS. Eltern und Kinder erleben dies als äußerst druckvoll und belastend. Hier besteht für viele Schüler_innen die Gefahr, ein Trauma für später mitzunehmen. Die Volksschule kann nicht losgelöst von einer Reform der Mittelstufe gedacht werden. Wir müssen wegkommen von der frühen Selektion: die einen ins Töpfchen, die anderen ins Kröpfchen. An dieser Stelle werden junge Lebensläufe tausendfach und auf brutale Art und Weise verbogen.
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