Schulautonomie könnte auch hier die Lösung sein. Es soll eine Vielfalt an Schulen in der Mittelstufe geben - so vielfältig wie die Talente unserer Kinder. Damit wäre Schluss mit der dumpfen Zweiteilung, die so viel Beklemmung auslöst.
Die Neue Mittelschule wird durch den ideologischen Dauerkonflikt blockiert und frustriert
Auch am Beispiel der Neuen Mittelschule (NMS) zeigen sich die fehlende Strategie und Reformkompetenz dieser Bundesregierung. Während die NMS von der einen Regierungspartei als ideologisches Prestigeprojekt propagiert wurde und wird, freut sich die andere Regierungspartei über die durchwachsene Erst-Evaluation des Modells. Zu gemeinsamen Schlüssen aus der Evaluierung reicht es aber nicht. Das Ergebnis ist eine Frustrierung tausender Lehrer_innen, hunderter Schulleitungen und zigtausender Schüler_innen. Sie fühlen sich "als bildungspolitische Versuchskaninchen, die noch dazu öffentlich herabgewürdigt und instrumentalisiert werden" (Originalzitat einer NMS-Lehrerin bei einer Schuldiskussion in Oberösterreich).
Als bisher einzige konkrete Konsequenz aus der Evaluierungsstudie hat die Bundesministerin für Bildung und Frauen angekündigt, dass die vom Bund für das Team-Teaching vorgesehenen und bezahlten zusätzlichen sechs Stunden nicht mehr nur in Deutsch, Mathematik oder Englisch, sondern auch in anderen "Schwerpunktfächern" eingesetzt werden können. Schon der Schritt, diese sechs Stunden an den Neuen Mittelschulen in ein echtes, frei verfügbares Qualitätsbudget umzuwandeln, über das die Schulleitungen in Rücksprache mit dem Schulgemeinschaftsausschuss autonom entscheiden können, scheint zu groß. Der Hang zur Detailsteuerung und die Misstrauenskultur obsiegt. Die Mündigkeit ist kein Ziel - nicht für Schulen, in Konsequenz wohl auch kaum für Schüler_innen.
Insgesamt wird die Neue Mittelschule ihrem Ziel und Anspruch nicht gerecht, einerseits Bildungsbarrieren abzubauen, andererseits den Einfluss der sozialen Herkunft zu kompensieren, um damit mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit zu schaffen und die Entstehung einer neuen Lernkultur zu fördern. Dazu trägt auch das verwirrende Beurteilungssystem bei. Durch die Unterscheidung von grundlegender und vertiefter Allgemeinbildung wurde durch die Hintertüre gleichsam wieder die Unterscheidung zwischen Hauptschule und AHS eingeführt. Auch dieses Problem gilt es endlich entschlossen anzugehen.
Das Lehrer_innendienstrecht verkommt zur beklemmenden Dauererregung
Lehrer_in ist einer der wichtigsten Berufe in unserer Gesellschaft. Daher müssten unsere Bemühungen und Kräfte darauf gerichtet sein, diese Profession zu stärken und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit zu fördern. Die aktuell inszenierte Diskussion erreicht jedoch genau das Gegenteil. Der Wiener Bürgermeister verwechselt auf der Suche nach einem knackigen Wahlkampf-Sager bewusst die Unterrichtszeit mit der Arbeitszeit und zeigt sich selbstzufrieden mit seiner platten Intervention.
In der Sache fehlt jedoch seit Jahrzehnten der Mut, das überholte Dienstrecht grundsätzlich anzufassen. Ein unübersichtliches System von Bemessungen und Zulagen sowie die föderalen Unterscheidungen zwischen Landes- und Bundeslehrer_innen machen das Dienstrecht zu einer allgegenwärtigen Innovationsbremse. Eine Überwindung der intransparenten, werteinheitsbasierten Ressourcenzuteilung ist nicht in Sicht.
Ebenso fehlt es an zeitgemäßer Infrastruktur an den Schulen und an zumutbaren Arbeitsplätzen für die Pädagog_innen.
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