Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 153

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insbesondere die konstruktive, schöpferische Zusammenarbeit im Schulsystem, sogar zwischen den Schulen.

Lehren und Lernen ist Beziehungsarbeit. Und diese Beziehungen entstehen vor Ort - zwischen Lehrer und Schülerin, zwischen Pädagoge und Schulleiterin, zwischen Eltern und Schule, zwischen Schulen und anderen Organisationen. Diese Beziehungen brauchen Freiheit und Verantwortung. Sie brauchen keine obrigkeitsstaatliche Bürokra­tisierung, keine parteipolitische Gängelung, keine machtpolitisch durchsetzte Misstrau­enskultur.

Was im gelingenden Beziehungsaufbau helfen wird: ein klarer Handlungsrahmen, Selbst­bewusstsein, Selbstreflexionsfähigkeit, Vertrauen, Zusammenarbeit auf Augen­höhe, evidenzbasiertes Handeln und ein differenziertes Professionsverständnis für den Beruf der Pädagoginnen und Pädagogen.

Umfassende Schulautonomie ist kein Allheilmittel. Sie ist eine grundlegende Gestal­tungsstrategie für unser System Schule. Sie birgt große Chancen; bei falscher Um­setzung auch Risiken. Daher gilt es von anderen Ländern zu lernen und die Strategie schrittweise und mit Bedacht umzusetzen und in Form einer lernenden Organisation laufend zu evaluieren.

Wir sind als Gesellschaft in der Pflicht, die Wege gemeinsam zu finden. Und gemein­sam zu gehen. Das Ziel lohnt sich. Es ist eine Reise hin zu einer besseren Schule, zu mehr Vielfalt, zu mehr Chancengerechtigkeit - zu blühenden Talenten.

2. Notstand im Bildungsbudget

Das österreichische Schulsystem leidet unter einem niedrigen Effizienz- und Effek­tivitätsgrad. Bei internationalen Vergleichsstudien wie PIRLS, TIMMS und PISA liegt Österreich schlechter als beim Vergleich der Bildungsausgaben. Besonders markant für die Mittelmäßigkeit des österreichischen Schulsystems sind die PISA-Ergebnisse im Bereich Lesen: Rund ein Fünftel der Schüler_innen, die die Pflichtschule verlassen, können nicht ausreichend sinnerfassend lesen (vgl. PISA 2012).

Gerade für Österreich ist der "Faktor Bildungsstandort" von immanenter Bedeutung. Für ein Land, das kaum über Rohstoffe oder Bodenschätze verfügt, ist Bildung DER zentrale und erfolgskritische Ausgangspunkt für aussichtsreiche Zukunft. Andere Länder haben das vor geraumer Zeit erkannt und dementsprechend gehandelt. Während etwa in Finnland, den Niederlanden oder auch in Dänemark die Ausgaben für Investitionen in das Schulwesen gemessen am BIP-Anteil seit Jahren deutlich über dem OECD Mittel liegen, wird hier in Österreich unterdurchschnittlich investiert - und weiter reduziert! Im internationalen Vergleich hinkt Österreich damit deutlich hinterher (Quelle: "Bildung auf einen Blick 2014", OECD Indikatoren).

Für die Bildungsministerin ergibt sich zudem offensichtlich ein mächtiges Finan­zierungsproblem: Anscheinend braucht sie für die Bedeckung der strukturellen Fixkosten im Jahr 2015 deutlich mehr Geld als budgetiert. Die finanzielle Schieflage des Bildungsressorts wurde für das Jahr 2015 bisher mit rund 340 Millionen Euro kolportiert. Eine offizielle Bestätigung dieser Zahl oder ein Dementi durch die Bildungsministerin oder den Finanzminister fehlen bisher. Die Zahlen, die im Rahmen der 57. Sitzung des Ministerrates am 21. April 2015 im Kontext des Bundesfinanz­rahmengesetzes präsentiert wurden, legen nahe, dass der strukturelle Fehlbetrag in den nächsten Jahren weiter wächst.

Laut eines Kurier-Artikels vom 22.03.2015 (http://kurier.at/politik/inland/bildung-2016-fehlt-eine-halbe-milliarde/120.720.488) wird das Budgetloch im Bildungsressort im


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