Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 162

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habe ich ein Mail von einer Direktorin bekommen, der ich gesagt habe: Schauen Sie sich die Dringliche Anfrage um 15 Uhr an! Darauf hat sie gesagt: Das kommt für uns zu spät, Herr Strolz! Wissen Sie, warum? Weil unsere Schule bankrottgegangen ist, wir können das nicht alleine leisten, wir haben großartige Arbeit geleistet, aber die öffent­liche Hand ist nicht bereit, uns zu unterstützen, und wir können nicht mehr! Wir haben es unter öffentlichem Tarif gemacht, unter großen Aufwendungen der Eltern, unter Engagement der Schulleitung, aber es geht einfach nicht!

Warum geht es nicht, Frau Ministerin? – Weil Sie es nicht wollen. Das ist der Punkt! Weil Sie es nicht wollen, weil es die ÖVP nicht will – was ich ideologisch überhaupt nicht verstehe, wenn Sie sich für die Eigenverantwortung einsetzen. Das verstehe ich nicht: dass man bürgerliches, zivilgesellschaftliches Engagement so strukturiert und verlässlich abstraft!

Wir haben einen strategischen Notstand in Österreich, weil viele Themen unklar sind oder nicht entschieden sind oder schlecht entschieden sind. Wir haben natürlich dann den Umstand, dass Sie jetzt in eine Bildungsreformgruppe gegangen sind. Im Vorlauf gab es schon eine sogenannte ExpertInnengruppe Schulverwaltung, und jetzt soll plötzlich der große Wurf kommen. Am Anfang habe ich mich gefreut. Warum? – Weil die Überschrift Schulautonomie war. Dann habe ich das Papier gelesen, die ersten 20 Seiten vom ExpertInnenpapier – Freiraum für Österreichs Schulen –, und ich muss sagen: Die kommen gut daher. Das ist solide, mit Engagement und Sachverstand verfasst. – Aber dann kommen die echten Hemmer, und zwar Hemmer mit „e“, und das sind natürlich auch Hämmer mit „ä“. Warum? – Weil man dann sieht, dass dieses Papier natürlich eine raffinierte Auftragsarbeit der Landeshauptleute ist.

Frau Ministerin! Ich drucke das auch nicht ganz durch, wie Sie die Gruppe zusammen­gestellt haben. Sie holen da ExpertInnen zusammen, und bis auf eine Person kommen alle aus der Schulbürokratie. Was glauben Sie denn, was Schulbürokraten im Sinne eines Konzeptes schreiben werden? – Ein bürokratisches Konzept! Die haben ja nie etwas anders gesehen. Ich möchte keinem dieser einzelnen Personen den guten Willen absprechen. Wenn Sie mich als Vorarlberger mit 12 Jahren zum Sprachunter­richt einladen, dann kann ich Dialekt unterrichten und ein bisschen Hochdeutsch, mehr wird sich nicht ausgehen.

Wenn Sie Bildungsbürokraten einladen, ein Konzept zu erstellen, werden diese ein bildungsbürokratisches Konzept erstellen, durchaus auf hohem Niveau. In diesem Konzept heißt es aus Seite 20 folgende: Wir werden Bildungsdirektionen einrichten, und dort wird Folgendes geschehen – davor ist noch zu sagen, dass die Bildungs­direktion direkt dem Landeshauptmann unterstellt wird –: Die Bildungsdirektionen sollen für die DirektorInnenbestellung, für die LehrerInnenbestellung in Rücksprache mit den Schulen, aber die finale Entscheidung liegt bei den Bildungsdirektionen, für Infrastrukturentscheidungen, de facto auch für Ermessensausgaben zuständig sein.

Jetzt frage ich Sie: Wenn eine Stelle, die in Niederösterreich direkt dem Herrn Pröll untersteht, für Infrastrukturentscheidungen, für Direktorenentscheidungen, für Lehrer­ent­scheidungen und Ermessensausgaben zuständig ist, ja glauben Sie, es wird besser in diesem Land? (Abg. Steinbichler: Pühringer in Oberösterreich!) – Ja, dasselbe in Oberösterreich, dasselbe in Wien.

Glauben Sie, dass ein Pädagoge, der besonders engagiert ist, aber das falsche oder kein Parteibuch hat, in diesem System auch nur irgendeinen Meter hat? – Nein! Das ist eine parteipolitische Verbrämung des österreichischen Bildungssystems.

Wenn wir in diese Entscheidungsrichtung gehen, Frau Ministerin, dann halte ich das für Beklemmung pur. Ich frage Sie: Sind Sie persönlich davon überzeugt, dass das das Richtige ist? Ich frage Sie: Wo ist der Herr Faymann, der 2010 noch gesagt hat: Kommt


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