Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 183

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etwas beibringen. Vielleicht kann er sich vorstellen, da zu etwas zu kommen. Diese Diskussion ist eine der schändlichsten, die es überhaupt gibt.

Übrigens: Finnland ist in letzter Zeit wieder als Musterland erwähnt worden. Interes­santerweise ist gerade bei den Finnen die Zeit in der Schulklasse kürzer als in Österreich. Also man kann vergleichen, was man möchte, wichtig ist nur – und ich glaube, alle Lehrer wären gerne auch länger an ihrer Schule –, dass die Schulbauten endlich einmal in irgendeiner Form so zeitgemäß werden, dass ein Lehrer dort auch in seiner – unter Anführungszeichen, so wie es der Herr Häupl sieht – „Freizeit“ einen Schreibtisch hat, damit er dort Schularbeiten korrigieren oder sich vorbereiten kann – abgesehen vom Faktor für die Wirtschaft, wenn man eine Schulbau-Offensive macht. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. El Habbassi.)

Eines hat Kollege Strolz sehr offen und ehrlich angesprochen, er hat gesagt, diese Debatte, die Bildungsdebatte wird eigentlich sehr stark auch scheinheilig geführt. Ich muss eines sagen: Ich verstehe es, wenn Eltern darauf schauen, dass ihre Kinder die beste Bildung, die beste Ausbildung bekommen, dass es da einen – unter Anführungs­zeichen – „gesunden Egoismus“ von Eltern gibt. Wenn man nämlich kein Milliardenver­mögen hat, das man den Kindern mitgibt, das sie vielleicht in der zweiten oder in der dritten Generation verjubeln können, dann kann es für ein glückliches und zufriedenes Leben für die Kinder nur eines geben: Bildung. Und dass Eltern, verantwortungsvolle Eltern, darauf schauen, dass es so etwas gibt, das verstehe ich nur allzu gut.

Da muss ich aber natürlich auch bei den Liberalen, bei den NEOS, fragen: Ihr ehe­maliger Sprecher seitens des Liberalen Forums, der jetzige IV-Präsident Kapsch gibt seine Kinder natürlich schon in die amerikanische Schule – Kosten 15 000 € pro Kind im Jahr. Also das ist auch nicht genau das, was man sich wahrscheinlich vorstellt (Zwischenruf des Abg. Strolz), wenn man sagt: öffentliche Schulen. Und ich bin ein Verfechter der öffentlichen Schulen, des öffentlichen Schulwesens – bei aller Berechti­gung von Privatschulen und auch von denen – ohne Neiddebatte –, die sich das leisten können, leisten möchten oder sonst etwas.

Aber was gibt es da in Wien? – Das ist aus meiner Sicht eigentlich der absolute Niedergang der Sozialdemokratie. Otto Glöckel wurde hier zitiert. Wenn Otto Glöckel auf die sozialdemokratische Bildungspolitik schaut, dann rotiert er nicht in seinem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof; er hat sich schon ein bisschen weitergeschraubt, nämlich um ein paar Reihen, so, wie er dort unten rotieren muss.

Ich bringe ein Beispiel, und ich hoffe, dass die linke Reichshälfte es mir verzeiht, wenn ich hier aus dem „Falter“ zitiere – das ist an sich nicht unbedingt meine erste Postille, aber Sie werden ja hoffentlich glauben, was im „Falter“ steht –:

„In einer Wiener Schule offenbaren sich auf drei Stockwerken die Vorzüge und Schwächen des Wiener Bildungssystems. Reportage aus einer Ottakringer 3-Klassen-Gesellschaft“.

„Bei Lehrer Levy im Dachgeschoß,“ – das ist übrigens ein Amerikaner – „in den C-Klassen, sitzt nur, wer mit Englisch als Muttersprache aufgewachsen ist. Oder wer in Wien von klein auf mit einer englischsprachigen Nanny erzogen, in den englischen Kindergarten geschickt oder sogar im zarten Alter von drei oder vier Jahren zur Englisch-Nachhilfe gebracht wurde.

Ein Stockwerk tiefer sind die B-Klassen. ‚Se habla español’, man spricht Spanisch, steht in bunten Lettern auf der Klassenzimmertür. ‚Arco Iris’ nennt sich diese Schul­form, bei der die Schüler zusätzlich zum normalen Unterricht Besuch vom spanischen Native-Speaker-Lehrer bekommen. Im Gegensatz zu den englischen Klassen einen Stock höher gibt es für Arco Iris keinen Eignungstest,“ – Volksschule, punkto Selektion


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